Im Zeitalter der Abgeltungssteuer ist ein Streit ausgebrochen über die steuerliche Behandlung von so genannten Goldanleihen. Gemeint sind damit Inhaberschuldverschreibungen, die dem Anleger das Recht einräumen, vom Emittenten die Lieferung des Goldes (oder alternativ einer anderen Sache) zu verlangen.
Zum Hintergrund des vorherrschenden Steuerstreits: Ausweislich des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 09.10.2012 möchte die Finanzverwaltung solche Inhaberschuldverschreibungen als sonstige Kapitalerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nummer 7 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einordnen. Dies würde im Weiteren konkret bedeuten, dass die Veräußerung einer solchen Inhaberschuldverschreibung unabhängig von einer Haltefrist als Kapitalertrag steuerpflichtig wird. Der Gewinn würde (nach dem Willen des Fiskus) der Abgeltungssteuer unterliegen, ein etwaiger Verlust würde im Verlustverrechnungstopf verbucht werden können.
Streitig ist jedoch, ob entsprechende Inhaberschuldverschreibungen tatsächlich als sonstige Forderungen jeder Art im Sinne des Gesetzes gelten können, wie es sich die Finanzverwaltung vorstellt. Sofern nämlich keine Forderungen gegeben sind, würde bei Rückgabe der Inhaberschuldverschreibungen ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegen, das nicht der Abgeltungssteuer unterliegt. Dies bedeutet insbesondere auch, dass Veräußerungsgewinne nach der Haltedauer von einem Jahr nicht mehr steuerpflichtig sind. Der Grund des Streites liegt dabei auf der Hand. Der Fiskus sagt sich, frei nach einem früheren Bundesfinanzminister: Besser 25% Abgeltungssteuer kassieren, als nichts. Der Steuerpflichtige hingegen ist daran interessiert, entsprechende Anleihegewinne nach der einjährigen Haltedauer steuerfrei einzustreichen.
Aktuell sieht es jedoch so aus, als wenn die Finanzverwaltung hier in eine Niederlage rennt. Mittlerweile haben nämlich schon drei erstinstanzliche Finanzgerichte im Sinne der Steuerpflichtigen entschieden. So hat das Sächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 27.03.2014 unter dem Aktenzeichen 1 K 1426/13 klargestellt, dass unter einer Forderung im Sinne des Gesetzes jede auf eine Geldleistung gerichtete Forderung ohne Rücksicht auf die Dauer der Überlassung oder den Rechtsgrund des Anspruches zu verstehen ist. Nicht darunter fällt hingegen eine auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter oder Sachleistungen (wie im vorliegenden Fall das Gold) gerichtete Forderung.
Daher kommen die erstinstanzlichen Richter des Sächsischen Finanzgerichts zu dem Schluss: Die Veräußerung eines börsengehandelten, in seiner Laufzeit unbegrenzten Wertpapiers in Form einer nennwertlosen Inhaberschuldverschreibung, welche einen Anspruch gegen den Emittenten auf Lieferung physischen Golds verbrieft, da es den aktuellen Goldpreis abbildet und fast vollumfänglich durch eingelagertes Gold sowie im Übrigen durch kurzfristige Ansprüche gedeckt ist, unterliegt nicht der Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Richter kommen schlicht und einfach zu diesem Schluss, weil insoweit keine auf eine Geldleistung gerichtete Forderung vorliegt, wie es das Gesetz vorgibt.
Die Tatsache, dass nach den Emissionsbedingungen die Ausübung des Rechts auf Lieferung des Edelmetalls mit erheblichen (Auslieferungs-) Kosten verbunden ist und die Mehrzahl der Inhaber auf eine Auslieferung verzichtet und lediglich börsenbedingte Kurssteigerung der Schuldverschreibung realisiert, ist insoweit unerheblich. Dennoch liegt keine sonstige Forderung vor.
In diesem steuerzahlerfreundlichen Sinn urteilte auch bereits das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 14.03.2014 unter dem Aktenzeichen 12 K 3284/13 E, wonach die Rückgabe einer solchen Inhaberschuldverschreibung an den Emittenten keine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 7 EStG ist, weil eine entsprechende Gold-Anleihe schlicht keine sonstige Forderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nummer 7 EStG ist.
Ebenfalls auf dieser Linie hat auch das erstinstanzliche Finanzgericht Baden-Württemberg in einem Urteil vom 23.06.2014 unter dem Aktenzeichen 9 K 4022/12 entschieden. Der Unterschied zu dem Münsteraner Verfahren: Die Entscheidung aus Münster ist rechtskräftig geworden, während die Finanzverwaltung gegen die Entscheidung aus Baden-Württemberg in die Revision gegangen ist. Unter dem Aktenzeichen VIII R 35/14 muss daher aktuell der Bundesfinanzhof in München klären, ob Gewinne aus der Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen, die gegenüber dem Emittenten ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold verbriefen, der Besteuerung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen unterliegen.
Tipp:
Sofern durch entsprechende Goldanleihen (hoffentlich erhebliche) Gewinne erzielt wurden, sollten Betroffene sich an das anhängige Verfahren anhängen. Sofern jedoch Verluste erzielt worden sind, ist wahrscheinlich die Meinung der Finanzverwaltung günstiger, da entsprechende Verluste im Verlustverrechnungstopf mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen, wie Dividenden, Aktiengewinnen etc., verrechnet werden können. Der Einzelfall entscheidet also über die aktuelle Vorgehensweise.