Gerade Mini-Jobs sind dazu geeignet, unvorhersehbare Arbeitsspitzen im Unternehmen zu bewältigen. So kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass die Minijobber auf Abruf für den Arbeitgeber bereitstehen. So beispielsweise häufig in der Gastronomie: An einem Abend ist die Gaststätte ungewöhnlich gut besucht, weshalb der Wirt seine Minijobber abtelefoniert und entsprechend jemanden als Verstärkung zur Arbeit bittet. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Arbeit auf Abruf.
Bisher stellte dies in der Praxis kein größeres Problem dar, was jedoch ab 2019 anders sein könnte. Grund dafür ist eine Änderung im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge, oder auch kurz Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) genannt.
Darin heißt es in § 12 TzBFG, der mit „Arbeit auf Abruf“ überschrieben ist: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch zu nehmen.“
Sofern daher mit einem Minijobber auf Abruf kein Arbeitsvertrag besteht oder in der anderen Alternative ein Arbeitsvertrag besteht, dieser aber keine Aussagen zur wöchentlichen Arbeitszeit macht, gilt für die Sozialversicherung regelmäßig eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden. Dies ist seit 2019 neu, denn bis Ende 2018 wurden an dieser Stelle regelmäßig nur zehn Arbeitsstunden angenommen. Diese schlappe Verdopplung der angenommenen Arbeitsstunden hat leider weitreichende Konsequenzen.
Durch diese Gesetzesänderung besteht in entsprechenden Fällen daher das Problem, dass die Geringverdienstgrenze für Minijobs von 450 Euro im Monat regelmäßig überschritten wird. Tatsächlich muss nämlich in Fällen, bei denen kein Arbeitsvertrag gegeben ist bzw. die wöchentliche Arbeitszeit nicht konkret festgelegt ist, wie folgt gerechnet werden: 20 Arbeitsstunden in der Woche mal einem Mindestlohn von 9,19 Euro aktuell mal einem Wochenfaktor von 4,33 ergibt im Ergebnis einen für die Sozialversicherung anzusetzenden Monatslohn von 795,85 Euro. (Zum konkreten Nachvollziehen sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich der Wochenfaktor von 4,33 ergibt, wenn man die 52 Kalenderwochen eines Jahres durch zwölf Monate teilt).
Somit ist die Geringverdienstgrenze für Minijobber von 450 Euro im Monat mehr als deutlich überschritten und das Arbeitsverhältnis erwächst quasi von selbst in die Sozialversicherungspflicht, wobei natürlich zu betonen ist, dass der Arbeitgeber für die Sozialversicherungsbeiträge geradezustehen hat. Für die Praxis ist diese kleine Gesetzesänderung daher ein riesiges Problem.
Tatsächlich dürfte es in diesem Zusammenhang nämlich auch nicht helfen, wenn man auf vorliegende Stundenaufzeichnungen verweist, die eine deutlich geringere Arbeitszeit als zwanzig Wochenstunden ausweisen. Anders als im Steuerrecht, welches sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten richtig, entscheidet in der Sozialversicherung der Anspruch. Da ausweislich der gesetzlichen Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz ein Anspruch von 20 Arbeitsstunden in der Woche besteht, muss auch dieser Anspruch immer dann zugrunde gelegt werden, wenn nichts anderes vereinbart worden ist.
Tipp: | In der Praxis wird es daher nur helfen, wenn in entsprechenden Fällen Arbeitsverträge vereinbart werden, die auch eine tatsächliche Wochenarbeitszeit beinhalten. Nur so kann man der Annahme von 20 Wochenarbeitsstunden entgehen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch dann die Regelung von § 12 Abs. 2 TzBfG zu beachten, wonach gilt: Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.Einmal mehr setzt der Gesetzgeber daher der an sich nötigen Flexibilität des unternehmerischen Handelns zu enge Grenzen, die durchaus zu ernsten Problemen führen können. |