Steuerbüro Bachmann

Abgeltungssteuer in betrügerischen Schneeballsystemen

Seit 2009 befindet sich das deutsche Steuerrecht im Zeitalter der Abgeltungssteuer. Seitdem hat sich auch einiges in der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen geändert, was auch noch heute, Jahre nach Einführung der Abgeltungssteuer, im Rechtsprechungsweg abschließend geklärt werden muss.

Wie der Name schon sagt, hat die Abgeltungssteuer eine abgeltende Wirkung. Dies bedeutet, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich nicht mehr mit dem persönlichen Steuersatz zur Besteuerung herangezogen werden. Vollkommen unabhängig vom eigenen persönlichen Einkommensteuersatz werden Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem 25-prozentigen Abgeltungssteuersatz besteuert. Sowohl beim persönlichen Einkommensteuersatz als auch bei der Abgeltungssteuer kommen zwar noch Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer hinzu, dies soll hier allerdings nur vollständigkeitshalber erwähnt werden.

Im Zentrum eines aktuell anhängig gewordenen Steuerstreitverfahrens vor dem Bundesfinanzhof in München geht es konkret um die sogenannte Abgeltungswirkung der Besteuerung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Geregelt ist diese in § 43 Abs. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dort heißt es, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie der Kapitalertragsteuer (gemeint damit ist die Abgeltungssteuer) unterlegen haben, für die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten sind. Eine weitere Besteuerung zum persönlichen Einkommensteuersatz erfolgt also nicht mehr.

Streitbefangen ist nun jedoch, wie vermeintliche Einkünfte aus einem betrügerischen Schneeballsystem zu beurteilen sind, wenn die Betrüger tatsächlich keine Abgeltungssteuer an das Finanzamt abgeführt haben. Geht es nach dem Willen der Finanzverwaltung, sollen solche Einkünfte aus Kapitalvermögen dann wiederum dem persönlichen Einkommensteuersatz unterworfen werden. Der geprellte Anleger ist nach dieser Auffassung direkt zweimal der Dumme.

Anderer Auffassung ist augenscheinlich jedoch das Finanzgericht Nürnberg in seiner Entscheidung vom 11.10.2017 unter dem Aktenzeichen 3 K 348/17. Leider hat sich jedoch die Finanzverwaltung der erstinstanzlichen Meinung des Finanzgerichtes Nürnbergs nicht gebeugt, weshalb sich abschließend der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 17/17 noch mit der Angelegenheit befassen muss. Konkret gilt es daher nun höchstrichterlich zu klären, ob bei einem betrügerischen Schneeballsystem die Abgeltungswirkung des § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG auch dann gilt, wenn die Kapitalerträge (aufgrund der betrügerischen Handlung) nicht an das Finanzamt angemeldet und abgeführt wurden, sondern lediglich dem Anleger gegenüber in einer Abrechnung bescheinigt wurden.

Exkurs: Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof hier ein Einsehen hat. Man stelle sich entsprechende Fälle nur in der Praxis vor. Der Anleger wird nicht nur um sein Geld geprellt, sondern soll die nicht erhaltenen Einkünfte aus Kapitalvermögen dann auch noch seinem hohen persönlichen Steuersatz unterwerfen. Wer daher in einem vergleichbaren Fall Opfer eines solchen Betruges wurde, sollte unter Verweis auf das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof in München den eigenen Steuerfall offenhalten, damit nicht übermäßig Einkommensteuer gezahlt werden muss.