Steuerbüro Bachmann

Arbeitszimmer trotz anderem Arbeitsplatz absetzen?

Die Rechtsprechung rund um die Regelung bzw. die Abzugsbeschränkung des häuslichen Arbeitszimmers ist vielfältig und man sollte meinen, dass irgendwann doch mal alles geklärt sein müsste. Dem scheint nicht so, denn die Regelung zur Abzugsbeschränkung rund um das häusliche Arbeitszimmer ist immer wieder zu Gast bei den Gerichten. Der Grund liegt auf der Hand: Zahlreiche Steuerpflichtige können und wollen nicht einsehen, dass ihr wirklich für berufliche Zwecke genutztes Arbeitszimmer zu Hause keine steuerliche Berücksichtigung finden soll. Tatsächlich ist dies jedoch sogar der Grundsatz der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 5 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Im Gesetz ist konkret geregelt: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung sind grundsätzlich nicht abzugsfähig. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. So gilt die generelle Abzugsbeschränkung nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt. Diese Beschränkung der Höhe nach gilt lediglich dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Nur dann können alle Kosten auch tatsächlich steuermindernd angesetzt werden.

Insgesamt betrifft die meiste Rechtsprechung zu diesem Thema jedoch immer Sachverhalte, in denen es um Arbeitnehmer geht. Unternehmer sind hier nicht so häufig Gegenstand der Rechtsprechung. Aktuell hat jedoch das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seiner Entscheidung vom 01.03.2016 unter dem Aktenzeichen 4 K 362/15 den Fall eines Unternehmers entschieden, bei dem es konkret um die Frage des anderen Arbeitsplatzes geht.

In diesem Urteil entscheiden die erstinstanzlichen Richter, dass ein anderer Arbeitsplatz im Sinne des häuslichen Arbeitszimmers grundsätzlich jeder Arbeitsplatz ist, der zur Erledigung der Arbeiten geeignet ist. Insoweit sehen die Richter es schon als ausreichend an, wenn ein Schreibtisch mit Bürostuhl und Computer vorhanden ist und gegebenenfalls noch abschließbare Schränke hinzukommen. Damit wäre der andere Arbeitsplatz schon perfekt, und die generelle Abzugsbeschränkung des häuslichen Arbeitszimmers würde greifen. Ein Abzug der Aufwendungen bis zu 1.250 Euro kommt hingegen nicht mehr in Betracht.

Damit aber noch nicht genug. Weiter entscheiden die Richter nämlich: Zwar indiziert bereits der Schreibtischarbeitsplatz eines Selbstständigen, dass ihm dieser Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Dennoch kann ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Betracht kommen, wenn dem Selbstständigen angesichts der Entfernung zwischen Praxis bzw. Betrieb und Wohnung nicht zugemutet werden kann, die Praxisräume außerhalb der Öffnungszeiten zum Erledigen von Büroarbeiten aufzusuchen, und die Praxisräume nach ihrer Einrichtung und den Umständen des Einzelfalls für die Erledigung von Büroarbeiten nur eingeschränkt geeignet sind.

Im Urteilsfall ging es um einen selbstständigen Logopäden, der immerhin 47 Kilometer bis zu seinem anderen Arbeitsplatz mit einer Fahrzeit von circa 45 Minuten zurücklegen musste. Um diese Fahrstrecke nicht permanent bewältigen zu müssen, hatte er sich zuhause ein Arbeitszimmer eingerichtet, welches er nach Meinung der Richter des Landes Sachsen-Anhalt nun auch bis zu 1.250 Euro bei seiner Einkommensteuererklärung steuermindernd als Betriebsausgabe berücksichtigen kann.

Interessant ist dabei insbesondere, dass die Richter auch darauf abstellen, dass Umstände des Einzelfalles es möglich machen können, dass neben dem anderen Arbeitsplatz noch ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden sein muss. Solche Umstände des Einzelfalles können beispielsweise sein, dass zwar ein voll ausgestatteter anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, dieser jedoch schon aus Gründen der Vertraulichkeit nicht geeignet ist, um dort alle Arbeiten für das Unternehmen zu erledigen.

Wie zu erwarten, hat die Finanzverwaltung gegen die erfreuliche erstinstanzliche Entscheidung Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt. Unter dem Aktenzeichen III R 9/16 müssen sich nun die obersten Finanzrichter der Republik mit der Frage beschäftigen, ob ein vorhandener anderer Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen des Einzelfalles unberücksichtigt bleiben kann und so zumindest für das häusliche Arbeitszimmer der Höchstbetrag von 1.250 Euro steuermindernd als Betriebsausgabe berücksichtigt werden darf.

Tipp: Da zu erwarten ist, dass die Entscheidung für zahlreiche Steuerpflichtige von enormer Bedeutung ist, wird die Streitfrage vermutlich früher oder später in den Katalog der Vorläufigkeitsfestsetzung aufgenommen werden. Bis dahin ist jedoch Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid erforderlich, in dem die Absetzung von 1.250 Euro Betriebsausgabe für den heimischen Arbeitsplatz abgelehnt wurde. Im Rahmen des Einspruches wird dann weiterhin ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt, sodass der Steuerpflichtige bei einer positiven Entscheidung des Bundesfinanzhofs später profitieren kann.