Steuerbüro Bachmann

Auch private Darlehensausfälle können nun steuermindernd berücksichtigt werden!

Seit je her gab es bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ein traditionelles Mantra. Dies war die absolute Trennung der Vermögens- und der Ertragsebene. Aufgrund dieser Trennung konnten Finanzverwaltung und Rechtsprechung argumentieren, dass Verluste auf der Vermögensebene nicht steuermindernd berücksichtigt werden können. Sofern daher ein hingegebenes Privatdarlehen ausfiel, konnte der Steuerpflichtige auch nichts anderes tun, als diesen Verlust als Privatvergnügen zu verbuchen. Eine steuerliche Berücksichtigung war hingegen seit je her nicht möglich.

Mit Urteil vom 24.10.2017 hat der Bundesfinanzhof in München nun unter dem Aktenzeichen VIII R 13/15 entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung im Zeitalter der Abgeltungssteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre führt. Mit anderen Worten: Bekommt man sein hingegebenes Geld nicht zurück, dann kann man den Verlust nun sehr wohl mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen.

Im Urteilsfall gewährte ein Steuerpflichtiger ein verzinsliches Privatdarlehen. Etwa ein Jahr nach der Darlehenshingabe erfolgten bereits keine Zins- bzw. Tilgungsleistungen mehr. Schließlich wurde über das Vermögen des Darlehensnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, weshalb der Darlehensgeber den Ausfall seiner Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigen wollte.

Fast schon aus traditionellen Beweggründen versagten das Finanzamt und auch das erstinstanzlich angerufene Finanzgericht Düsseldorf die Anerkennung eines solchen Verlustes bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Konkret entschied das Finanzgericht Düsseldorf in seinem ablehnenden Urteil vom 11.03.2015 unter dem Aktenzeichen 7 K 3661/14 E, dass der Ausfall einer Darlehensforderung auch nach Einführung der Abgeltungssteuer nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. War ja schließlich schon immer so. Das erstinstanzliche Finanzgericht begründete seine ablehnende Haltung damit, dass ein Forderungsausfall keine Veräußerung ist, und daher nur ein Veräußerungsverlust steuermindernd berücksichtigt werden könnte.

Dieser Argumentation widersprach nun jedoch der Bundesfinanzhof in dem zuvor bereits zitierten Urteil und warf die bisherige Sicht der Dinge über Bord. Aufgrund der neuen Entscheidung führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre sehr wohl zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust, weil die obersten Finanzrichter der Republik entgegen ihren erstinstanzlichen Kollegen insoweit einen Veräußerungsverlust mit einem Forderungsausfall gleichstellen. Damit gibt das oberste Finanzgericht der Republik die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen auf.

Infolge dieses Paradigmenwechsels führt nunmehr jede Rückzahlung einer sonstigen Kapitalforderung, die unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, zu einem Verlust, der einem Verlust bei der Veräußerung einer Forderung gleichzustellen ist und somit steuermindernd berücksichtigt werden kann.

Einzige Voraussetzung für die steuermindernde Berücksichtigung eines entsprechenden Darlehensverlustes im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist, dass der Forderungsausfall auch tatsächlich endgültig feststeht. Dies bedeutet: Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht für eine steuermindernde Verrechnung eines Verlustes grundsätzlich noch nicht aus. Sofern jedoch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder auch aus anderen Gründen definitiv feststeht, dass keine Rückzahlung mehr erfolgen wird, kann der Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd verrechnet werden.

Exakt dies ist im vorliegenden Fall auch der Grund, warum die Richter des Bundesfinanzhofs den zu beurteilenden Einzelfall noch nicht für spruchreif gehalten haben. Tatsächlich war nämlich im vorliegenden Fall nicht klar, ob bereits ein endgültiger Forderungsausfall gegeben war oder nicht doch der Hauch einer Chance auf Rückzahlung des Geldes besteht. Einzig und allein aus diesem Grund haben die obersten Finanzrichter der Republik den Streitfall ans erstinstanzliche Finanzgericht zurückverwiesen, damit dieses die notwendigen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen kann.

Trotz dieser Zurückverweisung an das erstinstanzliche Finanzgericht ist jedoch unmissverständlich klargestellt, dass es zukünftig keine Trennung mehr zwischen der Vermögens- und der Ertragsebene im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen geben wird, weshalb entsprechende Vermögensverluste auch steuermindernd berücksichtigt werden können, sofern sie endgültig feststehen.

Exkurs: Wie weit die neuen Grundsätze der Rechtsprechung auch für einen Forderungsverzicht oder etwa den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten, hatte der Bundesfinanzhof nicht zu entscheiden. Dennoch sagt er in seiner Pressemitteilung Nummer 77 vom 20.12.2017, dass auch in diesem Bereich die mit der Abgeltungssteuer eingeführte Quellenbesteuerung die traditionelle Beurteilung von Verlusten beeinflussen dürfte. Hinter vorgehaltener Hand gibt der Bundesfinanzhof damit zu verstehen, dass auch hier entsprechende Vermögensverluste zukünftig steuermindernde Berücksichtigung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen finden können.

Da zu vermuten ist, dass sich die Finanzverwaltung mit dieser Entscheidung noch nicht zufrieden geben wird, ist es höchst wahrscheinlich, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Variationen einer steuermindernden Berücksichtigung von Vermögensverlusten noch weitere Urteile folgen werden. Wir halten Sie dabei auf dem Laufenden.