Kindergeldberechtigter zu sein bedeutet „nur“, dass man entsprechend der Regelung im Einkommensteuergesetz und aufgrund der Festsetzung der Familienkasse derjenige ist, der berechtigt ist, das Kindergeld zu erhalten.
Insoweit sieht nämlich das Einkommensteuergesetz vor, dass bei mehreren Berechtigten das Kindergeld immer demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten für die Kindergeldzahlungen.
Kindergeldberechtigter zu sein bedeutet jedoch nicht (und dies wird in der Praxis häufig übersehen), dass das Kindergeld auch tatsächlich an denjenigen ausgezahlt wird. Auch Auszahlungen auf Konten anderer Personen, insbesondere des anderen Elternteils, sind möglich. Diese zählen allerdings auch wie Auszahlungen an den Kindergeldberechtigten selbst. In der Praxis sollte tunlichst von einer solchen Konstellation Abstand genommen werden, da so unangenehme Folgen auftreten können, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs in München zeigt.
Dem Urteilsspruch der obersten Finanzrichter lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zunächst lebten die Eltern mit dem Kind in der gemeinsamen Wohnung. Als Kindergeldberechtigten hatten sie den Vater bestimmt, jedoch wurde das Kindergeld auf das Konto der Mutter ausgezahlt. Schließlich kam es zur Trennung, während der das Kind im Haushalt der Mutter lebte. Unterbrochen wurde die Trennung nach einigen Monaten von einem Versöhnungsversuch, welcher jedoch leider auch nach drei Monaten wieder scheiterte.
Im Anschluss an diesen Versöhnungsversuch stellte die Mutter einen Antrag auf Kindergeld, da das Kind in ihrem Haushalt wohnte. Die Familienkasse war ebenfalls der Meinung, dass das Kindergeld der Mutter zusteht, weshalb sie auch gleichzeitig die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Vater ab dem Zeitpunkt der ursprünglichen Trennung aufhob.
Die Folge dieser Aufhebung der Kindergeldfestsetzung: Der Vater sollte ab dem Zeitpunkt der Trennung (und auch für den Zeitpunkt des Versöhnungsversuches) das ausgezahlte Kindergeld zurückzahlen. Wie eingangs bereits erwähnt, hatte er das Kindergeld jedoch nicht erhalten, da dieses auf das Konto der Mutter ausgezahlt wurde.
Einig ist sich die Rechtsprechung dahingehend, dass, wenn sich das Obhutsverhältnis in der Weise ändert, dass das Kind, das in einem gemeinsamen Haushalt mehrerer Berechtigter gelebt hat, nur noch im Haushalt eines Berechtigten lebt, und damit auch die Gleichrangigkeit der Berechtigten entfällt, die Bestimmung des gemeinsamen Berechtigten gegenstandslos wird. Insoweit ist klar, dass der Vater für die Zeiträume der Trennung definitiv das Kindergeld zurückzahlen muss, da das Kind in dieser Zeit im Haushalt der Mutter aufgenommen war. Die Tatsache, dass das Kindergeld auch während dieser Zeit schon auf ein Bankkonto der Mutter ausgezahlt wurde, ist irrelevant.
Weiterhin entschied jedoch das erstinstanzliche Hessische Finanzgericht in seinem Urteil vom 30.04.2014 unter dem Aktenzeichen 12 K 1044/11, dass ein im Rahmen eines Versöhnungsversuches begründeter neuer gemeinsamer Haushalt der Eltern die ursprüngliche Bestimmung eines Berechtigten wieder aufleben lässt, sofern keine neue Berechtigtenbestimmung getroffen wurde. Mit anderen Worten: Wenigstens für die Zeit des Versöhnungsversuches muss der Vater kein Kindergeld zurückzahlen. So zumindest die Meinung des Hessischen Finanzgerichts.
Tatsächlich hat jedoch der Bundesfinanzhof in München mit Urteil vom 18.05.2017 unter dem Aktenzeichen III R 11/15 die vorgenannte Entscheidung wieder aufgehoben, nachdem die Familienkasse in Revision gezogen war. Nach Meinung der obersten Finanzrichter der Republik gilt nämlich folgendes: Haben die Eltern eines Kindes einen Elternteil als Kindergeldberechtigten bestimmt, so erlöschen die Rechtswirkungen der Bestimmung, wenn sich die Eltern trennen und das Kind ausschließlich im Haushalt eines der beiden Elternteile lebt. Die ursprüngliche Bestimmung eines Kindergeldberechtigten lebt nicht wieder auf, wenn die Eltern und das Kind wegen eines Versöhnungsversuches wieder in einem gemeinsamen Haushalt leben.
In der Folge dieser höchstrichterlichen Entscheidung muss der Vater daher das Kindergeld ab dem Zeitpunkt der Trennung und insbesondere auch für den Zeitraum des Versöhnungsversuches zurückzahlen.
Exkurs: | Über die Fragen des Steuerrechts hinaus ist natürlich zu prüfen, ob der Vater einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch gegen die Mutter hat, die aufgrund der Überweisung des Kindergeldes auf ihr Bankkonto tatsächlich bereichert war. Für die Praxis empfiehlt es sich jedoch, dafür zu sorgen, dass der tatsächlich Kindergeldberechtigte auch wirklich die Auszahlung des Kindergeldes erhält. |