Steuerbüro Bachmann

Aufreger beim Wechselkennzeichen

Zunächst vorab: Ein Wechselkennzeichen ist vereinfacht gesagt ein Nummernschild, welches auf mehreren Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Insoweit muss das Nummernschild von Fahrzeug zu Fahrzeug gewechselt werden, wenn das entsprechende Auto bewegt werden soll. Im Umkehrschluss können die Fahrzeuge, die das Nummernschild gerade nicht tragen, auch nicht genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund findet sich in der (zugegebenermaßen schon älteren) Bundestagsdrucksache 18/3215 aus November 2014 folgende Aussage: Im Rahmen einer Anfrage eines Bundestagsabgeordneten der Opposition sollte das Finanzministerium dazu Stellung nehmen, wie die Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Kraftfahrzeug-Überlassung von betrieblichen Fahrzeugen zu vollziehen ist, wenn zwei betriebliche Kfz auch für die private Nutzungsüberlassung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer bereitgestellt werden, diese betrieblichen Kraftfahrzeuge allerdings aufgrund eines Wechselkennzeichens nicht beide gleichzeitig genutzt werden können.

Die Antwort des Bundesfinanzministeriums vom 10.11.2014 auf diese Anfrage lautete: „Kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere Dienstwagen bzw. Kraftfahrzeuge privat nutzen, so ist nach der sog. Ein-Prozent-Regelung grundsätzlich für jedes Fahrzeug ein pauschaler Nutzungswert anzusetzen. Ausnahmen hiervon sind nur dann möglich, wenn die zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuge durch Personen, die zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehören, nicht genutzt werden. Diese Ausnahmen können auch in Fällen der Nutzung eines Wechselkennzeichens vorliegen.“

Mit anderen Worten: Da Fahrzeuge, die alle unter einem Wechselkennzeichen laufen, nicht gleichzeitig genutzt werden können (dementsprechend auch nicht von Personen, die zur Privatsphäre eines Arbeitnehmers gehören, genutzt werden können) muss auch nicht mehr für jedes Fahrzeug die sogenannte Ein-Prozent-Regelung durchgeführt werden. In der Praxis hat man sich in solchen Fällen dann damit geholfen, dass regelmäßig für das teuerste Fahrzeug die Nutzungswertbesteuerung durchgeführt wurde. Insgesamt eine aus unserer Sicht durchaus faire Lösung.

Es verwundert (und verärgert) daher umso mehr, dass aktuell die Oberfinanzdirektion in Frankfurt am Main mit einem Erlass vom 18.05.2017 (Az: S 2145 A – 015 – St 210) in ein ganz anderes Horn stößt. Auch hier lag die Frage vor, wie die private Nutzungsentnahme bei Einsatz eines Wechselkennzeichens zu ermitteln ist. Die wortwörtliche Antwort der Oberfinanzdirektion fällt jedoch vollkommen gegenteilig im Vergleich zur Auffassung des Bundesfinanzministeriums aus. Hier der Wortlaut: „Bei einem Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ist für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs eine Entnahme dann anzusetzen, wenn das betriebliche Kraftfahrzeug auch für private Zwecke tatsächlich genutzt wird (…). Gehören zum Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen mehrere Kraftfahrzeuge, die dieser alle auch für private Zwecke nutzt, ist für jedes dieser Kraftfahrzeuge eine Entnahme anzusetzen. Dies gilt auch bei Einsatz eines Wechselkennzeichens.“

Warum die Oberfinanzdirektion in Hessen nun ohne Not auch beim Einsatz von Wechselkennzeichen für alle Fahrzeuge eine Nutzungsentnahme versteuern möchte, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass es sich beim zuerst genannten Fall um einen Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsverhältnis handelt und es bei der Anfrage bei der Oberfinanzdirektion um einen Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften geht, kann sicherlich nicht entscheidungserheblich sein. Insoweit dürfte vielmehr eine Gleichbehandlung zu erwarten sein.

Leider ist aktuell nicht ersichtlich, dass die Problematik irgendwo gerichtsanhängig ist. Insoweit könnten Betroffene unter Verweis auf die Bundestagsdrucksache aus 2014 versuchen, eine verbindliche Auskunft hinsichtlich der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei mehreren Kraftfahrzeugen mit Wechselkennzeichen zu erreichen.

Ob dies gelingt, ist zumindest fraglich, sodass im Endeffekt nur die eigene Klage Gewissheit bringen kann. Mit Hinblick auf die fiskalische Aussage der Oberfinanzdirektion aus Frankfurt am Main muss jedoch auch klar sein, dass man sich auch im Klageweg nicht zu sicher sein darf.