Steuerbüro Bachmann

Beginn der Festsetzungsfrist bei gleichzeitiger Schenkung mehrerer Gegenstände

Wenn die Festsetzungsfrist für eine Steuer abgelaufen ist, kann diese Steuer weder festgesetzt noch aufgehoben oder geändert werden. Dabei ist es vollkommen irrelevant, wie falsch vielleicht die Steuerfestsetzung oder eben auch eine nicht festgesetzte Steuer nach materiell-rechtlichen Erwägungen ist. Mit Ablauf der Festsetzungsfrist gilt so oder so: Rien ne va plus – nichts geht mehr!

Geregelt sind die Festsetzungsfristen in der Abgabenordnung, quasi dem Grundgesetz des Steuerrechts. Neben der Dauer der Festsetzungsfrist kommt auch der Frage nach ihrem Beginn eine besondere Bedeutung zu. Schließlich kann eine Frist, die noch nicht begonnen hat, auch nicht ablaufen, sodass erstmalige oder geänderte Steuerfestsetzungen möglich sind.

Dies wollte sich auch ein Steuerpflichtiger mit einem fast schon billigen Trick zunutze machen. Der Beschenkte hatte von einem Schenker zeitgleich mehrere Gegenstände erhalten. Das Finanzamt hatte jedoch nur von einem Teil der zugewendeten Gegenstände Kenntnis erlangt und daher auch nur für diesen Teil Schenkungsteuer festgesetzt. Erst mit dem Tod des Schenkers erfuhr das Finanzamt, dass zeitgleich zu der bekannten Schenkung auch noch weitere Gegenstände mit übertragen worden waren. Natürlich wollte das Finanzamt für die restlichen Gegenstände, die bisher noch nicht der Schenkungsteuer unterworfen worden waren, entsprechende Schenkungsteuer neu festsetzen. Dem trat der beschenkte Steuerpflichtige jedoch entgegen und behauptete, die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer sei abgelaufen, sodass die bisher bei der Schenkungsteuer nicht berücksichtigten Gegenstände auch jetzt nicht mehr der Besteuerung unterworfen werden könnten.

Tatsächlich muss man sagen, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen wäre, wenn sie denn begonnen hätte! Mangels Beginn des Fristlaufes kann sie jedoch auch nicht ablaufen. Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 170 Abs. 5 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO) beginnt die Festsetzungsfrist bei einer Schenkung nämlich nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder alternativ die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat.

Diese Regelung hat dabei den guten Grund, dass es in der Praxis offensichtlich häufig vorkommt, dass das Finanzamt erst beim Tod des Schenkers von einer früheren Schenkung erfährt. Dementsprechend möchte sich der Fiskus mit dieser Regelung natürlich die Tür offenhalten, dass auch noch solche Schenkungen der Steuer unterworfen werden können.

Folglich ist es nicht nur erwartungsgemäß, sondern auch logisch, dass der Bundesfinanzhof in München mit Urteil vom 26.07.2017 unter dem Aktenzeichen II R 21/16 klargestellt hat, dass auch bei gleichzeitig durchgeführten Schenkungen die Festsetzungsfrist für jede einzelne Schenkung beginnen und ablaufen muss.

Konkret äußern sich die obersten Finanzrichter der Republik wie folgt: Wendet ein Schenker dem Bedachten mehrere Vermögensgegenstände gleichzeitig zu, erlangt das Finanzamt aber lediglich Kenntnis von der freigebigen Zuwendung eines dieser Gegenstände, führt dies nicht zum Beginn der Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer auf die übrigen zugewendeten Vermögensgegenstände.

Auch wenn in diesem Fall die Entscheidung für den Steuerpflichtigen negativ ausgegangen ist, muss man sagen, dass das Urteil vollkommen richtig ist. Ein anderes Ergebnis würde nicht nur dazu führen, dass man mit billigen Tricks versuchen könnte, Schenkungen durch Ablauf der Festsetzungsfrist an der Steuer vorbei zu bringen, vielmehr wäre dadurch auch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährdet.