Ausweislich des Erlasses des Bundesfinanzministeriums vom 17.06.2009 (Az: V C 5 – S 2332/07/0004) definiert der Fiskus Zeitwertkonten wie folgt: „Bei Zeitwertkonten vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer künftig fällig werdenden Arbeitslohn nicht sofort ausbezahlt erhält, sondern dieser Arbeitslohn beim Arbeitgeber nur betragsmäßig erfasst wird, um ihn im Zusammenhang mit einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses auszuzahlen. In der Zeit der Freistellung ist dabei das angesammelte Guthaben um den Vergütungsanspruch zu vermindern, der dem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase gewährt wird.“
Da sich dahinter ein durchaus praktisches Modell verbirgt, mit dem etwaige Kurzarbeiterzeiten überbrückt werden können oder auch der Ruhestand schon ein wenig früher eingeleitet werden kann, treten immer mehr steuerliche Fragen auf. So beispielsweise die Frage: Wann setzt die Lohnbesteuerung ein? Muss bereits die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto der Lohnsteuer unterworfen werden oder erst die spätere Auszahlung an den Arbeitnehmer? Für die Liquidität und die Planung der betroffenen Arbeitnehmer immerhin eine sehr bedeutende Frage.
Die Finanzverwaltung bestimmt im oben bereits angegebenen Schreiben, dass eine Versteuerung schon im Zeitpunkt der Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto stattzufinden hat. Mittlerweile regt sich jedoch erheblicher Widerstand gegen diese, vielleicht fiskalisch geprägte, Meinung.
Mit Urteil vom 19.01.2012 hat das Hessische Finanzgericht (Az: 1 K 250/11) entschieden, dass Einzahlungen auf ein Zeitwertkonto des Arbeitnehmers nicht bereits im Zeitpunkt der Einstellung dem Arbeitnehmer als steuerpflichtiger Arbeitslohn zugeflossen sind. Insoweit ist die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto steuerlich unbeachtlich.
Die hessischen Richter entscheiden dies sogar in einem Fall, in dem das Zeitwertkonto in Geld geführt wird und es sich um ein Zeitwertkonto für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH handelt, dessen Zeitwertkonto mit einem Insolvenzsicherungsmodell ausgestattet ist. Dies bedeutet unter dem Strich: Der Gesellschafter-Geschäftsführer kann selber bestimmen, ob aktuell Lohnsteuer anfällt (direkte Auszahlung) oder die Lohnsteuer zunächst vermieden wird (Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto). Da insoweit eine Insolvenzabsicherung besteht, geht der Gesellschafter-Geschäftsführer auch kein Risiko ein, das Geld durch eine eventuelle Pleite der GmbH noch zu verlieren.
Tatsächlich ist dies jedoch erfreulicherweise keine Einzelmeinung der hessischen Richter. Auch das Niedersächsische Finanzgericht hat in einem Urteil vom 16.02.2012 (Az: 14 K 202/11) entschieden, dass im Zeitpunkt der Wertgutschrift auf ein Zeitwertkonto noch kein Zufluss von Arbeitslohn gegeben ist. Insoweit sind auch die niedersächsischen Richter der Meinung, dass es bei der reinen Gutschrift auf dem Zeitwertkonto noch nicht zu einer Besteuerung in der Lohnsteuer kommen darf.
Exkurs: | Selbstverständlich kommen die erstinstanzlichen Urteile der Finanzverwaltung nicht gelegen, da diese ja insoweit die Lohnsteuer erst wesentlich später (nämlich erst bei Auszahlung vom Zeitwertkonto) erhält. Daher liegt der Fall aktuell beim Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI R 19/12. Die obersten Finanzrichter der Republik haben nun abschließend zu klären, ob bereits die Gutschrift künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum zu versteuernden Zufluss führt oder nicht. |