Steuerbüro Bachmann

Das Familienwohnheim in der Erbschaftsteuer

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform mit Wirkung ab 2009 hat der Gesetzgeber auch eine Steuerbefreiung für das sogenannte Wohnheim geschaffen. Diese gilt, wenn der Erwerb von Todes wegen stattfindet.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Steuerbefreiung für das Familienwohnheim an deutliche Voraussetzungen gebunden ist: So muss beispielsweise der Erblasser in dem Wohnheim bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Einzige Ausnahme von dieser Voraussetzung: Es waren zwingende Gründe gegeben, die den Erblasser an der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hinderten. Unter solchen zwingenden Gründen versteht der Gesetzgeber beispielsweise krankheitsbedingte Pflegeheimaufenthalte und Ähnliches.

Auf Seiten des Erwerbers des Familienwohnheims müssen jedoch ebenso Voraussetzungen erfüllt sein, und auch die haben es in sich. Hier ist es unbedingt vonnöten, dass der Erwerber das Wohnheim unverzüglich selber zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nicht gegeben. Anders als beim Erblasser können hier also keine zwingenden Gründe vorgetragen werden, weshalb eine unverzügliche Selbstnutzung des Wohnheims durch den Erwerber nicht stattfindet. So zumindest die Beschreibung ausweislich des Gesetzes.

In der Praxis ist diese Voraussetzung regelmäßig schwer zu erfüllen. Häufig soll das Familienwohnheim im Endeffekt auch tatsächlich durch den Erwerber zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, eine unverzügliche Nutzung ist jedoch meist aus Gründen der tatsächlichen Lebensführung nicht möglich. Entsprechende Hinderungsgründe können beispielsweise sein, dass derzeit der ausgeübte Beruf eine Ansässigkeit in einer anderen Stadt erfordert und dementsprechend erst später (nach einem Umzug) das Wohnheim auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ist ein solcher (oder ein ähnlicher Fall) gegeben, kann nach dem Wortlaut des Gesetzes die Steuerbefreiung für Familienwohnheime schon nicht mehr greifen.

Leider sieht es die erstinstanzliche Rechtsprechung auch so streng. Das Finanzgericht Münster hat in seinem Urteil vom 31.01.2013 (Az: 3 K 1321/11 Erb) entschieden, dass die Steuerbefreiung für Familienwohnheime nur zur Anwendung kommt, wenn der Erwerber die Immobilie von Anfang an zur Selbstnutzung und zu eigenen Wohnzwecken bestimmt hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz (ganz gleich aus welchen Gründen die Ausnahme erfolgt) sieht das Gesetz nicht vor, so die erstinstanzlichen Richter.

Insbesondere stellt das erstinstanzliche Gericht auch klar, dass selbst wenn eine Ausnahme von der sofortigen Selbstnutzung bestehen würde, berufliche Gründe kein ausreichend zwingender Grund sind, um vom Grundsatz der sofortigen Selbstnutzung abzuweichen. Unter dem Strich wollen also die Richter des Finanzgerichts Münster die erbschaftsteuerliche Befreiung für das Familienwohnheim nur in dem engen Rahmen des Gesetzeswortlautes zulassen.

Exkurs: Noch ist das letzte Wort aber nicht gesprochen. Hiergegen richtet sich aktuell eine Klage vor dem Bundesfinanzhof. Unter dem Aktenzeichen II R 13/13 müssen die obersten Finanzrichter der Republik nun entscheiden, ob die Steuerbefreiung für das Wohnheim auch noch zum Tragen kommen kann, wenn die Immobilie nicht sofort zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Auch müssen die Richter klären, ob eine berufliche Residenzpflicht an einem anderen Ort ein ausreichend zwingender Grund sein kann, vom Grundsatz der sofortigen Selbstnutzung abweichen zu dürfen und dennoch die Steuerbefreiung zu erlangen. Betroffenen sei daher empfohlen, gegen den Erbschaftsteuerbescheid in diesem Punkt Einspruch einzulegen und im Hinblick auf das anhängige Verfahren die eigene Verfahrensruhe zu beantragen.
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