Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz bittet nicht nur zur Kasse, wenn der Erblasser oder Schenker bzw. der Erbe oder Beschenkte einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Über die Regelung des § 2 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes ist auch eine Art beschränkte Steuerpflicht geregelt. Danach kommt es im Ergebnis auch zur Steuerpflicht, wenn inländisches Vermögen im Erb- oder Schenkungsfall den Eigentümer wechselt, ohne dass eine der beteiligten Personen in der Bundesrepublik ansässig ist. Das Paradebeispiel solchen inländischen Vermögens ist regelmäßig die hier belegene Immobilie.
In solchen Fällen, in denen weder der Erblasser bzw. Schenker oder der Erbe bzw. Beschenkte einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland habt, kommen leider die grundsätzlichen Freibeträge nicht in Betracht. So zumindest die Aussage im Erbschaftsteuergesetz selbst: Ausweislich der Regelung von § 16 Absatz 2 des Erbschaftsteuergesetzes steht für solche Fälle nur einen Freibetrag von 2.000 EUR zur Verfügung.
Im Hinblick auf den im Gesetz genannten (nahezu lächerlich geringen) Freibetrag (gerade was Immobilien angeht), hat die Regelung erheblicher Bedeutung. Dies zeigt auch ein aktueller Streitfall, der bis vor den Europäischen Gerichtshof gegangen ist. Dabei ging es um ein Ehepaar mit Wohnsitz in der Schweiz. Da die Schweiz kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, handelt es sich hierbei um ein sogenanntes Drittland.
Einer der Ehegatten besaß eine Immobilie in der Bundesrepublik Deutschland. Als dieser Ehegatte verstarb, ging das Objekt im Wege der Erbschaft auf den anderen Ehegatten über. Hätte einer von beiden einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland gehabt, hätte ihm ein Freibetrag in Höhe von 500.000 EUR zur Verfügung gestanden. Weil jedoch beide ihren Wohnsitz in der Schweiz hatten, wollte der Fiskus nur den Freibetrag von 2.000 EUR gewähren.
Gerade im Hinblick auf Immobilien wird klar, was dies für die Höhe der Besteuerung bedeutet: Es wird sehr, sehr teuer, wenn nur 2.000 EUR steuerfrei sein sollen!
Der überlebende Ehegatte zog daher bis vor den Europäischen Gerichtshof. Dieser entschied nun ganz aktuell mit Urteil vom 17.10.2013 (Az: Rs. C-181/12; Welter), dass es nicht mit Europarecht vereinbar ist, dass ein Freibetrag dann, wenn der Erblasser bzw. Schenker und der Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls bzw. der Schenkung ihren Wohnsitz im Drittland haben, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn wenigstens eine der beiden beteiligten Personen ein Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hätte.
Vereinfacht ausgedrückt: Es kann nicht sein, dass allein der Wohnsitz über die Höhe des Freibetrags entscheidet. Darin erkannten die Richter des Europäischen Gerichtshofs einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, die auch im Verhältnis zu Drittstaaten wie der Schweiz zur Anwendung kommt.
Im Ergebnis können folglich auch Personen mit Wohnsitz im Drittland die üblichen Freibeträge in Anspruch nehmen, wenn deutsches Vermögen, insbesondere deutsches Immobilienvermögen, als Erbe oder Schenkung den Eigentümer wechselt.