Werbungskosten sind grundsätzlich alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Entsprechend dieser Globaldefinition sind Werbungskosten auch die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.
Allerdings gibt es hierzu auch noch eine Spezialregelung im Einkommensteuergesetz. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nämlich in diesem Zusammenhang nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch (zusätzlich) am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt dabei das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können die Mehraufwendungen als Werbungskosten steuermindernd abgesetzt werden.
Als Unterkunftskosten für die doppelte Haushaltsführung können die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens jedoch 1.000 Euro im Monat. Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (sogenannte Familienheimfahrten) können jeweils für eine Familienheimfahrt wöchentlich geltend gemacht werden.
Im Zusammenhang mit der Frage, ob Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung tatsächlich als Werbungskosten abzugsfähig sind, hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 1.6.2017 unter dem Aktenzeichen 3 K 3278/14 zum Thema „Vorhalten einer Wohnung am Arbeitsort aus ausschließlich beruflichen Gründen während der Elternzeit“ eine sehr erfreuliche und unerwartete Entscheidung getroffen.
Danach gilt: Zieht eine Arbeitnehmerin bei der Geburt ihres Kindes mit ihrem Lebensgefährten an einem anderen Ort zusammen und behält sie während der Elternzeit ihre Wohnung am bisherigen Arbeitsort ohne nennenswerte Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei, so ist ein Werbungskostenabzug für diese Wohnung am Arbeitsort sehr wohl weiter möglich, wenn das Vorhalten der Wohnung aus ausschließlich beruflichen Gründen erfolgt ist und denkbare andere, vor allem private Gründe entweder gar nicht vorlagen oder allenfalls völlig geringfügig und untergeordnet waren.
Insgesamt eine außerordentlich positive Entscheidung der Richter des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, auch wenn diese ausdrücklich erwähnen, dass bei der Prüfung der beruflichen Veranlassung ein sehr strenger Maßstab anzulegen ist.
Tatsächlich definieren sie jedoch auch, wann eine berufliche Veranlassung definitiv gegeben ist. So spricht der jeweils zu beurteilende Einzelsachverhalt ausschließlich für berufliche Gründe, wenn die Arbeitnehmerin ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis hat, das sie zunächst nach Ende der Mutterschutz- und Elternzeit wieder aufnehmen will. Zudem hatte hier die Klägerin am Arbeitsort, einer Großstadt mit stark angespanntem Mietmarkt, für den Fall der Kündigung des alten Mietvertrages mit einer sehr niedrigen Miete bei Neuanmietung einer Wohnung zum Zeitpunkt der geplanten Wiederaufnahme der Berufstätigkeit mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche und einer erheblich höheren Miete zu rechnen gehabt. Das dürfte auch in ähnlich gelagerten Fällen einer der Hauptgründe dafür sein, eine Wohnung am Arbeitsort auch während der Elternzeit zu behalten. Im Urteilsfall sprach weiterhin für die ausschließlich beruflichen Gründe, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Zeitpunkt, zu dem sie anders als ursprünglich geplant eine neue Arbeitsstelle an einem anderen Ort angenommen hat, den Mietvertrag für die Wohnung am bisherigen Arbeitsort gekündigt hat.
Exkurs: | Die erfreuliche Entscheidung aus dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg zeigt, dass ein Werbungskostenabzug möglich ist, wenn definitiv eine berufliche Veranlassung gegeben ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung entsprechend des Wortlauts der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausdrücklich gegeben sind.
Dies ist allerdings auch der Grund, warum das Finanzamt gegen die positive Entscheidung in die Revision beim Bundesfinanzhof gezogen ist. Dieser muss nun unter dem Aktenzeichen VI R 1/18 entscheiden, ob Aufwendungen für die Anmietung einer Wohnung als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn die eigentlichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, die Wohnung aber aus ausschließlich beruflichen Gründen vorgehalten wird. |
Tipp: | In ähnlich gelagerten Fällen wird es sicher zu erheblichen Problemen bei der Darlegung des Sachverhaltes kommen. Daher ist jedem Steuerpflichtigen an dieser Stelle zu empfehlen, den Sachverhalt und insbesondere die berufliche Veranlassung der Beibehaltung der Wohnung am Arbeitsort bis ins Kleinste zu dokumentieren, damit man später gegebenenfalls dem Finanzamt oder Finanzgericht entsprechende Argumente vorlegen kann. Selbstverständlich ist in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass die höchstrichterliche Entscheidung noch aussteht. Über die Thematik werden wir daher sicher abermals zu berichten haben. |