Steuerbüro Bachmann

Eine Fallsammlung zum häuslichen Arbeitszimmer

Die Regelungen rund um das häusliche Arbeitszimmer sind hart umstritten in der Finanzgerichtsrechtsprechung. Nahezu jeden Monat gibt es hier irgendwelche Urteile und Entscheidungen. Grund genug für eine Bündelung der Thematik, denn immerhin haben zahlreiche Steuerpflichtige ein Arbeitszimmer und wollen dieses natürlich auch steuermindernd geltend machen. Nach wie vor kann der heimische Arbeitsraum auch noch zu einer netten Steuersparwiese werden. Daher hier nochmals die Details zur Regelung und eine Fallsammlung der jüngsten Rechtsprechung:

Zu den Details: Grundsätzlich unterliegen die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer einem steuerlichen Abzugsverbot. Das bedeutet, dass üblicherweise überhaupt keine Kosten steuermindernd angesetzt werden dürfen. Dies ist aber zum Glück nur der Grundsatz der Regelung, von der es natürlich auch Ausnahmen gibt. So ist ein Abzug der Aufwendungen für den heimischen Arbeitsplatz bis zu einem Höchstbetrag von 1.250 Euro möglich, wenn ansonsten für diese dort erledigte Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist auch der unbegrenzte Abzug, also der steuermindernde Ansatz aller Arbeitszimmerkosten möglich, wenn der häusliche Arbeitsraum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet.

Soweit die Regelung zum heimischen Arbeitsplatz, wie Sie auch im Einkommensteuergesetz (EStG) in § 4 Absatz 5 Nr. 6b EStG zu finden ist. Obwohl diese Regelung ja weiß Gott nicht kompliziert klingt oder sonderlich komplex ausfällt, ist sie Stammgast in der deutschen Finanzgerichtsrechtsprechung. Die folgende Fallsammlung von Entscheidungen soll daher ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Viel Vergnügen!

Größtes Problem: Gemischt genutzte Räume

Mit Urteil vom 08.09.2016 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 62/11 klargestellt, dass Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einnahmen als auch zu privaten Wohnzwecken eingerichtet ist und entsprechend genutzt wird, weder insgesamt noch anteilig als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können. Insoweit schließt sich der III. Senat der Rechtsprechung des Großen Senats vom 27.07.2015 unter dem Aktenzeichen GrS 1/14 an, wonach schon der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich für betriebliche bzw. berufliche Zwecke genutzt wird. Daher kommt der BFH in der neuerlichen Entscheidung zu dem Schluss, dass ein mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteter Raum, der ausschließlich über einen dem Privatbereich zugehörigen Flur zugänglich ist, über kein betriebsstättenähnliches Gepräge verfügt.

In das gleiche Rohr bläst der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 22.03.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 24/12: „Die nicht nur untergeordnete private Mitbenutzung eines in die häusliche Sphäre eingebundenen Raums schließt den Abzug von Betriebsausgaben für diesen Raum auch dann aus, wenn es sich um einen nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechend eingerichteten Raum handelt.“

Weiterhin hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 22.03.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 10/12 klargestellt, dass ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist, definitiv kein häusliches Arbeitszimmer i.S. der gesetzlichen Regelung ist.

Nur Höchstbetrag für Gerichtsvollzieher

Rechtskräftig hat das FG Baden-Württemberg in einem Urteil vom 28.04.2014 (Az: 13 K 146/13) klargestellt, dass das Arbeitszimmer eines Gerichtsvollziehers nicht den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstellt, da die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet.

Arbeitszimmer eines Professors

Auch wenn ein Professor in seiner Uni ein Labor zur Verfügung hat, so kann er den ihm zugewiesenen Laborraum an der Uni nicht in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Weise nutzen. Er ist daher auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen und kann dies zumindest im Rahmen des Höchstbetrags steuerlich geltend machen, so die Meinung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz in der Entscheidung vom 07.09.2016 (Az: 1 K 2571/14).

Problem der gemischt genutzten Nebenräume

Leider hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.02.2016 unter dem Aktenzeichen X R 26/13 auch klargestellt, dass Aufwendungen für Küche, Bad und Flur, die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, auch dann nicht als Betriebsausgaben oder je nach Sachverhalt als Werbungskosten berücksichtigt werden können, wenn ein berücksichtigungsfähiges häusliches Arbeitszimmer existiert. Auch die tatsächliche berufliche oder betriebliche Mitbenutzung dieser Nebenräume ändert daran unerfreulicherweise nichts.

Ein Arbeitszimmer – zwei Ehegatten

Nutzen Ehegatten ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, steht einem Ehegatten, der seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer entsprechend der gesetzlichen Regelung (nur) beschränkt abziehen kann, der Höchstbetrag nach dieser Vorschrift nur anteilig zu, so die Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 15.03.2016 (Az: 11 K 2425/13 E,G). Die Abzugsbeschränkung ist somit objektbezogen auszulegen und die abziehbaren Aufwendungen sind damit unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf einmalig 1.250 Euro begrenzt.

Ebenso gilt: Nutzt ein Steuerpflichtiger ein häusliches Arbeitszimmer jeweils sowohl für seine nichtselbstständige Tätigkeit als auch für eine gewerbliche Tätigkeit, ist der abzugsfähige Anteil auf beide Tätigkeiten aufzuteilen. Einen mehrfachen Abzug des Höchstbetrags kann es daher nach dieser Entscheidung nicht geben.

Mit Hinblick auf die schon anhängigen Revisionsverfahren zu entsprechend verwandten Themen hat das erstinstanzliche Finanzgericht in diesem Fall die Revision zugelassen. Die Einlegung der Revision ist jedoch derzeit nicht ersichtlich. Dennoch muss der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 86/13 klären, in welcher Höhe die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei (zeitanteiliger) gemeinsamer Nutzung durch Lebensgefährten im in hälftigem Miteigentum stehenden Haus abzugsfähig sind und ob der Höchstbetrag personen- oder objektbezogen zugestanden wird.

Ganz ähnlich muss unter dem Aktenzeichen VIII R 15/15 die Streitfrage beantwortet werden, ob die parallele Nutzung zweier Arbeitszimmer in verschiedenen Hausständen nicht zu einer Verdopplung dieses Abzugsbetrags führt.

Kein Arbeitszimmer nur für die Photovoltaikanlage

Im Urteilstenor der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 17.02.2016 wurde unter dem Aktenzeichen X R 1/13 festgehalten, dass die Aufwendungen für einen büromäßig ausgestatteten Raum innerhalb eines Einfamilienhauses, in dem die mit einer Photovoltaikanlage zusammenhängenden Büroarbeiten erledigt werden, selbst dann nicht teilweise als Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn für diese gewerbliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der betreffende Raum aber in nicht unwesentlichem Maße zur Erledigung privater Korrespondenz genutzt wird.

Zur Häuslichkeit eines Kellerraumes

Ob die Abzugsbeschränkung des Arbeitszimmers greift oder nicht, hängt wesentlich davon ab, ob es sich um einen häuslichen oder außerhäuslichen Arbeitsraum handelt. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Nürnberg mit Urteil vom 12.11.2015 unter dem Aktenzeichen 4 K 129/14 klargestellt: Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu einer Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sich als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt. Bei wertender Betrachtung im Einzelfall kann es an einem inneren Zusammenhang mit der häuslichen Sphäre fehlen, wenn der Steuerpflichtige, um von seinem Wohnbereich in die Büroräume zu gelangen, zunächst das Haus bzw. die Wohnung verlassen und eine auch von anderen Personen (z.B. dem Mieter) genutzte und insoweit auch der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsfläche durchqueren muss. Aber: Ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Bereichen wird durch ein gemeinsames Treppenhaus jedoch allenfalls gelockert und nicht durchbrochen, wenn es darüber hinaus einen weiteren direkten Zugang aus dem Privatbereich zum Bürobereich gibt. Im Endeffekt kommt es daher sehr darauf an, ob Allgemeinflächen zur Erreichung des Arbeitszimmers durchschritten werden müssen oder nicht.

Das Arbeitszimmer einer Klavierlehrerin

Nutzt eine selbstständige Klavierpädagogin und Konzertpianistin das in die häusliche Sphäre des von ihr bewohnten Einfamilienhauses eingebundene sog. Klavierstudio zu Unterrichtszwecken und für die Unterrichtsvorbereitung, die Vorbereitung auf ihre Konzerte und zum Halten des Niveaus ihres Spiels, ist das Studio als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren.

Der Mittelpunkt ist – für alle Berufsgruppen gleichermaßen – nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen zu bestimmen. Dies hat zur Folge, dass bei der Feststellung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen nicht im Wortsinne auf die betriebliche und berufliche Tätigkeit, sondern in einem umfassenden Sinne auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist. Übt der Steuerpflichtige mehrere unterschiedliche im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende Tätigkeiten aus, ist zwar nicht erforderlich, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt „jedweder“ oder „einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit“ bilden muss. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln.

Da der Bundesfinanzhof im vorliegenden Streitfall, der unter dem Aktenzeichen VIII R 8/13 mit Urteil vom 09.06.2015 abgeurteilt wurde, den Mittelpunkt des qualitativen Schwerpunkts nicht im Arbeitszimmer erkennen konnte, scheidet im vorliegenden Fall ein unbegrenzter Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer aus.

Telearbeitsplatz ist kein Freibrief

Mit Urteil vom 11.08.2015 hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz unter dem Aktenzeichen 3 K 1544/13 klargestellt, dass auch Alleinerziehende Aufwendungen für einen Telearbeitsplatz im häuslichen Arbeitszimmer nur eingeschränkt steuerlich geltend machen können, wenn am Telearbeitsplatz nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung gegeben ist.

Arbeitsmittelpunkt eines Dirigenten ist im Arbeitszimmer

Mit rechtskräftiger Entscheidung vom 04.03.2015 (Az: 6 K 610/14) hat das Finanzgericht Baden-Württemberg den Mittelpunkt der Tätigkeit eines Dirigenten im Arbeitszimmer gesehen und dementsprechend den unbegrenzten Abzug der Kosten zugelassen.

Im Arbeitszimmer wurden die Besetzung für die einzelnen Proben und Auftritte und das Material für die beteiligten Musiker zusammengestellt, die Korrespondenz mit den Sponsoren und der an dem Orchesterbetrieb interessierten Öffentlichkeit geführt und die Internetauftritte der Orchester sowie deren CD-Veröffentlichungen entwickelt. Daneben hat auch die künstlerische Leitung zu großen Teilen – so insbesondere bei der Auswahl der zur Einübung und Aufführung gelangenden Stücke und beim Einstudieren der Partituren – im häuslichen Arbeitszimmer stattgefunden. Demgegenüber waren die vor Ort erbrachten Dirigentenleistungen des Klägers für seinen konkret ausgeübten Beruf als Orchestermanager und Dirigent – jedenfalls bei einer Gesamtschau seiner Betätigung – nicht wesentlich und prägend. Dafür spricht auch der erhebliche zeitliche Umfang, den die Tätigkeit des Klägers in seinem häuslichen Arbeitszimmer im Vergleich zu den Dirigenteneinsätzen vor Ort in den Proben- und Konzertsälen eingenommen hat und dem i. S. d. höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls eine indizielle Bedeutung zukommt, die unterstützend für die qualitative Wertung mit herangezogen werden kann

Allerdings hat das Gericht auch zum Umfang der abzugsfähigen Aufwendungen Stellung genommen und diese (trotz des unbegrenzten Abzugs der Arbeitszimmerkosten) begrenzt. So gehören zu den Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer neben der flächenanteiligen Wohnungsmiete einschließlich der Nebenkosten auch der anteilige Stromverbrauch, nicht jedoch der auf die Fläche des Arbeitszimmers entfallende Aufwand für das verbrauchte Wasser und die Entsorgung des Schmutzwassers.

Tätigkeitsmittelpunkt eines Handelsvertreters

Mit der zuvor genannten Entscheidung des Dirigenten sinn- und sachverwand hat das Finanzgericht Münster am 05.03.2015 (Az: 5 K 980/12) auch entschieden, dass das häusliche Arbeitszimmer eines im Wurst- und Käsevertrieb tätigen Handelsvertreters dessen Tätigkeitsmittelpunkt bilden kann und somit die Arbeitszimmerkosten ohne Begrenzung steuermindernd angesetzt werden können.

Zwei Arbeitszimmer bei doppelter Haushaltsführung

Die Aufwendungen für ein weiteres Arbeitszimmer an dem Ort, an dem der Steuerpflichtige aus beruflichen Gründen einen zweiten Wohnsitz unterhält, unterliegen – wenn die Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellen – der Abzugsbeschränkung mit der Folge, dass für beide Arbeitszimmer insgesamt nur der Höchstbetrag von 1.250 Euro geltend gemacht werden kann.

Arbeitszimmer eines Försters

Das Finanzgericht Köln hat mit Entscheidung vom 27.08.2014 geurteilt, dass ein Förster, der im überwiegenden Interesse seines Arbeitgebers ein Dienstzimmer in seinem Wohnhaus unterhält, die hierfür entstehenden Kosten in vollem Umfang von der Steuer absetzen kann. Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.

Arbeitszimmer eines Pensionärs oder Rentners

Einkünfte, die nach Erreichen der Altersgrenze aufgrund einer früheren Tätigkeit gezahlt werden, sind in die Gesamtbetrachtung zur Beurteilung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im Hinblick auf den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht mit einzubeziehen. Vielmehr sind nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätig werden des Steuerpflichtigen im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfordern. So die Meinung des Bundesfinanzhof mit Entscheidung vom 11.11.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 3/12.

Arbeitszimmers eines Schulleiters

Einem Schulleiter mit Unterrichtsverpflichtung wird das Dienstzimmer in der Schule grundsätzlich nur für die Verwaltungstätigkeiten, nicht aber für die Lehrtätigkeit (Vor- und Nachbereitung des Unterrichts) zur Verfügung gestellt, sodass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer regelmäßig in Höhe von 1.250 Euro zu berücksichtigen sind. Damit schließt sich das Sächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 13.08.2014 (Az: 8 K 636/14) der Entscheidung des Bundesfinanzhof vom 09.12.2003 unter dem Aktenzeichen VI R 150/01 an.