Unter dem Aktenzeichen X R 10/16 hat der Bundesfinanzhof in München am 07.02.2018 eine bemerkenswerte Entscheidung zum Thema Verlustabzug beim Anlagebetrug mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken getroffen. Ausweislich der Entscheidung gilt: Beteiligt sich der Anleger an einem von ihm nicht erkannten Schneeballsystem, das aus seiner Sicht zu gewerblichen Einkünften führen sollte, ist er entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sehr wohl berechtigt, den Verlust seines Kapitals steuerlich geltend zu machen. Dies haben die Richter des Bundesfinanzhofs in einem Musterverfahren immerhin für mehr als 1.400 geschädigte Anleger klargestellt, wohingegen die Vorinstanz in Form des Finanzgerichtes Münster mit ihrem Urteil vom 11.03.2016 unter dem Aktenzeichen 4 K 3365/14 E noch eine für die Steuerpflichtigen negative Entscheidung getroffen hatte.
Im Streitfall hatte der Kläger mit mehreren Gesellschaften der X-Gruppe Verträge über den Erwerb von Blockheizkraftwerken abgeschlossen und entsprechend der vertraglichen Vereinbarung die Kaufpreise auch gezahlt. Den späteren Betrieb der Blockheizkraftwerke hatte er vertraglich an die X-Gruppe übertragen. Die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Betrieb sollten beim Kläger liegen, sodass dieser daraus definitiv Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen würde.
Tatsächlich hatten die Verantwortlichen der X-Gruppe jedoch leider niemals wirklich beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Vielmehr hatten sie ein betrügerisches Schneeballsystem aufgezogen und wurden hierfür später auch tatsächlich und erfreulicherweise strafrechtlich verurteilt. Für den Steuerpflichtigen bedeutete dies, dass wenige Monate, nachdem er die Kaufpreise gezahlt hatte, die Gesellschaften der X-Gruppe insolvent wurden und die vom Kläger geleisteten Zahlungen verloren waren.
Daraufhin begehrte der Steuerpflichtige die Berücksichtigung seines verlorenen Kapitals, um dies mit seinen positiven Einkünften steuermindernd zu verrechnen. Das Finanzamt wollte hingegen die Verluste des Steuerpflichtigen einkommensteuerlich nicht berücksichtigen, weil es ihn als bloßen Kapitalgeber ansah und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kein Abzug von Werbungskosten möglich ist. Dem ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt. Er hat vielmehr entschieden, dass die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen sind, nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgeblichen Verträge vorzunehmen ist. Die besseren objektiv-rückblickenden Erkenntnisse sind hingegen nicht maßgeblich für diese Beurteilung. Aufgrund der Verträge über den Erwerb und den Betrieb der Blockheizkraftwerke dürfte der Kläger hier insgesamt davon ausgegangen sein, Gewerbetreibender zu sein. Gewerbetreibende dürfen Verluste auch dann als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehen, wenn letztlich niemals Einnahmen erzielt werden. Insoweit ist auch ein Verlustabzug der verlorenen Zahlung steuerlich möglich.
Leider gibt es jedoch auch noch eine negative Seite der zuvor genannten Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Die Entscheidung beschränkt sich nämlich auf das sogenannte Verwaltungsvertragsmodell der X-Gruppe. Über das von dieser betrügerischen Gruppe ebenfalls angebotene Verpachtungsmodell brauchten die Richter des Bundesfinanzhofs im vorliegenden Verfahren hingegen nicht zu entscheiden.
Gleichwohl wird sich das erstinstanzlich tätig gewesene Finanzgericht Münster nochmals mit dem Verfahren befassen müssen. Leider haben es die Richter des Bundesfinanzhofs nämlich als möglich angesehen, dass die beabsichtigte Investition als Steuerstundungsmodell im Sinne der Regelung des § 15 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen ist. In diesem Fall wäre leider ein Abzug der Verluste wiederum nicht zulässig. Ob es sich tatsächlich um ein Steuerstundungsmodell handelt, wird in einem gesonderten Verfahren noch zu entscheiden sein, über das wir zu gegebener Zeit sicherlich wieder berichten werden.