Ausweislich der Regelung des § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
Durch die Rechtsprechung, insbesondere durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.03.2016 unter dem Aktenzeichen III R 2/15, ist zweifellos geklärt, dass auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen einschließlich der nach § 240 Abs. 1 AO entstehenden Säumniszuschläge zu den erlassfähigen Ansprüchen gehören.
In diesem Zusammenhang hat bereits schon der Bundesfinanzhof in einer älteren Entscheidung vom 29.08.1991 unter dem Aktenzeichen V R 78/86 klargestellt, dass die Erhebung der Säumniszuschläge eine unbillige Härte darstellt, wenn der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden alles getan hat, um die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids zu erreichen und diese, obwohl an sich möglich und geboten, von der Finanzbehörde abgelehnt wird, obwohl das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen gegen die Steuerfestsetzung Erfolg hatte. In solchen Fällen ist es daher geboten, die Säumniszuschläge zu erlassen oder zumindest (deutlich) herabzusetzen.
Säumniszuschläge haben neben ihrer Rechtfertigung als Druckmittel eigener Art nämlich auch den Zweck, Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung zu sein. Unter diesem Gesichtspunkt ist, da bei einer möglichen und gebotenen Aussetzung der Vollziehung keine Zinsen angefallen wären, ein teilweiser Erlass von Säumniszuschlägen ermessensgerecht, wenn nach abgelehnter Aussetzung der Vollziehung das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen in der Hauptsache Erfolg hat.
Dennoch ist der Erfolg in der Hauptsache nicht allein entscheidend für einen etwaigen Erlass der Säumniszuschläge. Dies hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.09.2018 unter dem Aktenzeichen XI R 36/16 klargestellt. Tatsächlich sind nämlich Säumniszuschläge nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn der Steuerpflichtige seinen vom Finanzamt zurückgewiesenen Einspruch gegen die teilweise Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung trotz entsprechender Ankündigung nicht begründet. In diesem Fall hat der Steuerpflichtige schlicht nicht alles getan, um die Aussetzung der Vollziehung zu erreichen und somit direkt der Entstehung von Säumniszuschlägen entgegenzuwirken.
Im Billigkeitsverfahren, welches den Erlass der Säumniszuschläge als Ziel hat, ist nämlich nicht mehr zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Versagung der Aussetzung der Vollziehung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides vorgelegen haben. Das bedeutet: Auch wenn der Steuerpflichtige in der Hauptsache den Fall „gewinnt“ und eine Versagung der Aussetzung der Vollziehung tatsächlich nicht rechtmäßig gewesen ist, können die entstandenen Säumniszuschläge gegebenenfalls nicht mehr erstattet werden, weil der Steuerpflichtige nicht alles in seinem Ermessen liegende getan hat, um eine Aussetzung der Vollziehung tatsächlich zu erreichen. Insoweit zeigt es sich, dass auch immer entsprechende Anträge ordentlich begründet sein sollten, damit es später kein böses Erwachen gibt.