Steuerbüro Bachmann

Erweiterte Grenzen des Haushalts bei der Steuerermäßigung

Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen ist in der Praxis mit dem Finanzamt und nicht zuletzt auch vor den Finanzgerichten arg umstritten.

Insbesondere stellt sich dabei die Finanzverwaltung immer wieder auf den Standpunkt, dass die entsprechenden Arbeiten auch im Haushalt des Steuerpflichtigen stattgefunden haben müssen. Allerdings scheint es so, dass das Finanzamt hier durch die Rechtsprechung immer weiter in seine Schranken gewiesen wird, weil die Finanzrechtsprechung die Grenzen des Haushaltes nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen definiert. Auch dahinter, also außerhalb des Grundstücks stattfindende Leistungen, können noch bei der Steuerermäßigung Berücksichtigung finden.

Insoweit hat die Rechtsprechung bereits in verschiedenen Entscheidungen klargestellt, dass auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, im Rahmen der Steuerermäßigung begünstigungsfähig sind. Es muss sich dabei lediglich um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und natürlich auch tatsächlich dem Haushalt dienen.

In diesem Zusammenhang hatte bereits der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20.3.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 55/12 klargestellt, dass auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem Grund geleistet werden, entgegen der Verwaltungsauffassung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 10.1.2014 als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt werden kann. Im Urteilsfall ging es um die Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und öffentlichen Gehwegen, welche als haushaltsnahe Dienstleistungen auch jenseits der Grundstücksgrenzen direkt zur Steuerermäßigung führen können.

Eine noch eingehendere Entscheidung hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 27.7.2017 unter dem Aktenzeichen 12 K 12.040/17 gefällt. Danach gilt: Ist ein Steuerpflichtiger zur Reinigung der vor seinem Haus entlangführenden öffentlichen Straße und des Gehwegs verpflichtet, so stellen die Straßenreinigungskosten haushaltsnahe Dienstleistungen dar und berechtigen folglich zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung. Dementsprechend haben die Richter aus Berlin-Brandenburg lediglich die zuvor bereits zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs in München wiederholt. Darüber hinaus sagen sie jedoch (und das ist durchaus bemerkenswert): Wird das Hoftor ausgebaut, in der Werkstatt eines Tischlers repariert (!) und sodann wieder eingebaut, handelt es sich dabei auch um eine Handwerkerleistung im Haushalt (!) des Steuerpflichtigen im Sinne der gesetzlichen Regelung. Insoweit ist es ausreichend, wenn der Leistungserfolg in der Wohnung des Steuerpflichtigen eintritt, weshalb dann schon die Leistung im räumlichen Bereich des Haushaltes erbracht wird. Insgesamt eine zu begrüßende Meinung, da die Richter damit den Spielraum der Steuerermäßigung erheblich erweitern.

Die erstinstanzlichen Richter aus Berlin-Brandenburg beziehen sich dabei auch auf eine Entscheidung ihrer höchstrichterlichen Kollegen beim Bundesfinanzhof vom 3.9.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 18/14. In dieser Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof klargestellt, dass für eine Betreuungspauschale, mit der ein Notrufsystem abgegolten wird, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des betreuten Wohnens Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann.

Wie nicht anders zu erwarten, war der Fiskus mit der Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg nicht zufrieden und hat daher die Revision zum Bundesfinanzhof in München eingelegt. Dieser muss nun folgende Rechtsfragen klären: Sind Handwerkerleistungen, die in einer Werkstatt des leistenden Unternehmers ausgeführt werden, als Handwerkerleistungen im Haushalt eines Steuerpflichtigen aufgrund eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs zu berücksichtigen? Können Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand oder von einem von ihr beauftragten Dritten auf gesetzlicher Grundlage erbracht und mit dem Steuerpflichtigen nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden (hier konkret: Straßenreinigungsgebühren) im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen steuerlich berücksichtigt werden?

Tipp: Es ist zu vermuten, dass von den anhängigen Verfahren zahlreiche Steuerpflichtige betroffen sind, weshalb allen derzeit zu raten ist, Einspruch gegen den eigenen Steuerbescheid einzulegen, auf das anhängige Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof in München zu verweisen und zu hoffen, dass auch dieses Mal das oberste Finanzgericht der Republik den Fiskus in seine Schranken verweist.