Tatsächlich ist nicht jeder Bundesbürger verpflichtet, eine Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Insbesondere Menschen, die nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit generieren, müssen häufig keine Steuererklärung abgeben.
Unabhängig von der Pflicht, eine Steuererklärung einzureichen, kann es sich lohnen, dies in jedem Fall zu machen. Der Grund: Nicht selten haben auch Steuerpflichtige, die nicht zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet sind, Werbungskosten oder andere steuermindernde Positionen, die sich nur im Rahmen der Veranlagung auch wirklich steuermindernd auswirken können. Die Abgabe einer Steuererklärung kann daher in Form einer Steuererstattung bares Geld wert sein.
Damit eine entsprechende Steuerminderung auch wirklich erreicht werden kann, müssen Betroffene einen Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer beim Finanzamt einreichen. Dieser Antrag gilt regelmäßig als gestellt, wenn eine Steuererklärung beim Finanzamt eingeht. Ein gesonderter Antrag ist insoweit nicht notwendig. Dennoch spricht man in diesen Fällen von den sogenannten Antragsveranlagungen.
Damit ein solcher Antrag auf Veranlagung nun jedoch auch vom Finanzamt bearbeitet wird und am Ende auch die gewünschte Steuererstattung steht, muss dieser innerhalb der siebenjährigen Festsetzungsfrist eingereicht werden. Auch wenn sieben Jahre eine lange Zeit sind, zeigt sich in der Praxis, dass diese Frist relativ häufig versäumt wird.
Umso erfreulicher ist daher eine Entscheidung des Finanzgerichts Kölns, welches mit Urteil vom 23.5.2017 unter dem Aktenzeichen 1 K 1637/14 klargestellt hat, dass der Einwurf einer Steuererklärung am letzten Tag der Antragsfrist selbst dann fristwahrend ist, wenn der nicht beratene Steuerpflichtige die Erklärung bei einem unzuständigen Finanzamt eingeworfen hat.
Die erstinstanzlichen Richter aus Köln begründen ihre Entscheidung damit, dass es keinerlei gesetzliche Vorschriften gibt, wonach ein Antrag auf Einkommensteuerveranlagung auch tatsächlich beim zuständigen Finanzamt eingehen muss. Vielmehr führen die Richter sehr bürgerfreundlich weiter aus, dass es nicht rechtens sein kann, wenn die Finanzverwaltung einem steuerlich nicht beratenen Bürger die Unzuständigkeit eines Finanzamtes vorhält, aber gleichzeitig nach außen als einheitliche Verwaltung auftritt.
Bei einer so unbürokratischen und bürgerfreundlichen Entscheidung des Finanzgerichts Köln wundert es nicht, dass der Fiskus direkt die Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt hat. In direkt zwei Verfahren unter den Aktenzeichen VI R 37/17 und VI R 38/17 müssen die obersten Finanzrichter der Republik nun klären, ob ein Antrag auf Einkommensteuerveranlagung auch dann nur beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt fristwahrend gestellt werden kann, wenn ein nicht steuerlich beratener Steuerpflichtiger meint, auch ein Einwurf bei einem anderen als dem örtlich zuständigen Finanzamt derselben Stadt wahre die Festsetzungsfrist.
Aufgrund der noch anhängigen Streitfrage sollten Betroffene jedoch bis auf weiteres tunlichst darauf achten, fristwahrende Anträge auch tatsächlich bei dem für sie zuständigen Finanzamt einzureichen. Wer versehentlich einem falschen Finanzamt etwas Fristwahrendes eingereicht hat, sollte sich auf die anhängigen Musterverfahren berufen.
Exkurs: | Neben der vorgenannten Problematik müssen die obersten Finanzrichter der Republik auch noch über eine andere Rechtsfrage unter dem gleichen Aktenzeichen entscheiden. Insoweit ist zu klären, ob es zur Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist auch noch ausreichend ist, wenn der Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer am Tag des Fristablaufs bis 24 Uhr beim Finanzamt eingeht, oder ob eine wirksame Antragstellung nur zu den behördenüblichen Öffnungszeiten erfolgen kann. Im Streitfall erfolgte der Einwurf des Antrags auf Einkommensteuerveranlagung am 31. Dezember gegen 20:00 Uhr. |