Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Erstattungszinsen sind steuerpflichtig! Jedenfalls noch!

Mit einer Gesetzesänderung in 1998 hat ein jahrelang schwelender Steuerstreit begonnen, der hoffentlich trotz der aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofes noch nicht zu Ende ist. Aber zunächst der chronologischen Reihenfolge nach:

An das Finanzamt zu zahlende Nachzahlungszinsen konnten durch eine Gesetzesänderung ab 1999 nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Daher ging man allgemein noch davon aus, dass entsprechende vom Finanzamt ausgezahlte Erstattungszinsen ebenfalls nicht steuerpflichtig sind und nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Dies sah nur einer anders: Nämlich die Finanzverwaltung!

Der Fiskus wollte insoweit hinsichtlich der Nachzahlungszinsen keine Steuerminderung mehr zulassen. In Bezug auf die Erstattungszinsen sollte jedoch sehr wohl noch eine Steuerpflicht gelten, obwohl sowohl Nachzahlungs- als auch Erstattungszinsen auf derselben Rechtsgrundlage basieren.

Wie nicht anders zu erwarten, kam es zu zahlreichen anhängigen Steuerstreitigkeiten, welche schließlich vor dem Bundesfinanzhof in München endeten. Dieser entschied mit Urteil vom 15.06.2010, dass die Nachzahlungszinsen, welche der Steuerpflichtige an das Finanzamt zahlt, tatsächlich entsprechend der gesetzlichen Regelung zu den nichtabziehbaren Ausgaben gehören. Eine Steuerminderung ist insoweit nicht möglich.

Interessanter für die Steuerpflichtigen war jedoch die zweite Aussage der Münchner Finanzrichter. Diese sagt nämlich aus, dass die Erstattungszinsen, welche das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt, beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen und daher nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Diese im Rahmen einer Änderung der Rechtsprechung geltende Auffassung sollte zumindest für alle Erstattungszinsen gelten, die auf Steuern entfallen, die ebenfalls dem privaten Bereich zuzuordnen sind, wie es insbesondere bei der Einkommensteuer der Fall ist.

Wie nicht anders zu erwarten, war dem Fiskus diese Entscheidung ein Dorn im Auge, weshalb die Rechtslage durch das Jahressteuergesetz 2010 erneut geändert wurde. Im Jahressteuergesetz wurden in § 20 Abs. 1 Nummer 7 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes ausdrücklich die Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen aufgenommen. Wörtlich heißt es dort: „Erstattungszinsen im Sinne des § 233a der Abgabenordnung sind Erträge im Sinne des Satzes eins [also im Sinne der sonstigen Kapitalforderungen jeder Art] (…)“. Dementsprechend gehören die Erstattungszinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Eine Änderung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Nachzahlungszinsen war aus Sicht des Fiskus nicht nötig, da diese bereits durch die vorherige Gesetzesänderung dem steuerlich nicht bedeutsamen Bereich zugeordnet wurden und somit hier keine Steuerminderungsmöglichkeit existierte.

Seit dem Jahressteuergesetz 2010 hat es nun bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gedauert, dass ein entsprechender Streitfall beim Bundesfinanzhof angekommen ist. Mit Urteil vom 12.11.2013 (Az: VIII R 36/10) entschieden die Münchner Finanzrichter jedoch enttäuschender Weise, dass die Erstattungszinsen tatsächlich steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen sind.

Selbst in der Tatsache, dass die seinerzeitige Gesetzesaufnahme durch das Jahressteuergesetz 2010 für alle noch offenen Fälle gelten sollte, sahen die Richter keinen verfassungswidrigen Rückwirkungstatbestand.

Alles in allem ist das Urteil enttäuschend. Man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, dass sich der Staat auf Kosten seiner Bürger die Rosinen rauspickt, indem er Nachzahlungszinsen auf Basis des § 233a der Abgabenordnung nicht zum steuermindernden Abzug zulässt, während Erstattungszinsen auf Basis derselben Vorschrift besteuert werden. Im Ergebnis mindert der Staat so die auszuzahlenden Zinsen, da er darauf wiederum Einkommensteuer kassieren kann.

Exkurs: Zusätzlich hatte der Bundesfinanzhof in der oben genannten Entscheidung darüber zu befinden, ob Erstattungszinsen denn gegebenenfalls außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 des Einkommensteuergesetzes sind und somit einer Steuervergünstigung unterliegen. Auch dies entschied der Bundesfinanzhof abschlägig.

 

Tipp: Auch wenn die Entscheidung des Bundesfinanzhofs negativ ist, bleibt abzuwarten, ob die Rechtsfrage nicht noch vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe getragen wird. Gegebenenfalls besteht also noch eine Chance, dass die als ungerecht empfundene Gesetzeslage doch noch als verfassungswidrig eingestuft wird.