Der Streik ist vorerst Geschichte (so zumindest zum Redaktionsschluss dieses Mandantenbriefs). Daher sollte nun die Post auch wieder regelmäßig kommen und sämtliche Briefe (nach und nach) ausgeliefert werden. Fraglich ist jedoch, welche Auswirkungen der Streik bei der Post auf das Einhalten der Fristen beim Finanzamt, beispielsweise der einmonatigen Einspruchsfrist, hat. Um diese Frage zu beantworten, muss unterschieden werden, ob der Steuerbescheid seitens des Finanzamtes zugeschickt wird oder ob der Bürger seinen Einspruch zusendet. Die Folgen eines verspäteten Eingangs sind in beiden Sachverhalten nämlich gänzlich anders.
Wenn das Finanzamt einen Brief verschickt, gilt folgendes: In diesem Fall gibt es in der Abgabenordnung (AO) eine so genannte Bekanntgabefiktion, wonach die Einspruchsfrist drei Tage nach Aufgabe des Steuerbescheides zur Post beginnt. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass wenn der Steuerbescheid im Finanzamt abgeschickt wird, er spätestens drei Tage später beim Steuerpflichtigen ankommt. Dass dies im Falle des Poststreiks regelmäßig nicht so gewesen sein wird, ist jedoch für den Fristablauf der Einspruchsfrist kein Problem. Insoweit ist die dreitägige Bekanntgabefiktion tatsächlich nur eine Fiktion. Sofern der Bürger darlegen kann, dass ihm der Steuerbescheid aufgrund des Poststreiks erst deutlich später zugegangen ist, beginnt die einmonatige Einspruchsfrist auch tatsächlich erst entsprechend später zu laufen. Folglich steht dem Bürger mit und ohne Poststreik immer eine Einspruchsfrist von einem Monat zur Verfügung, vollkommen unabhängig davon, wann der Steuerbescheid ihn erreicht hat.
Vollkommen anders sieht es jedoch aus, wenn der Steuerpflichtige seinen Einspruch während der Einspruchsfrist zur Post gibt, der Einspruch jedoch aufgrund des Poststreiks erst nach Ablauf der Einspruchsfrist beim Finanzamt eingeht. Tatsächlich trägt in solchen Fällen nämlich der steuerpflichtige Bürger die Verantwortung dafür, dass sein abgeschickter Einspruch auch tatsächlich fristgerecht beim Finanzamt eingeht.
Weil aufgrund des auch in der Presse allgegenwärtigen Poststreiks die Dienstleistungsfähigkeit der Post infrage gestellt war, obliegt es der Verantwortung des Steuerpflichtigen, einen anderen, sicheren Übermittlungsweg zu wählen.
Er kann also nicht den verspäteten Eingang seines Einspruchsschreibens damit erklären, dass die Post für die Übermittlung seines Briefes bei einem Poststreik zu lange gebraucht hat. Vielmehr hätte der Steuerpflichtige dann auf die Übermittlung per Telefax oder sogar auf den Einwurf in den Finanzamtsbriefkasten zurückgreifen müssen. Tut er dies nicht, muss er auch für den verspäteten Eingang eines Einspruchsschreibens geradestehen. Etwas anderes würde insoweit nur gelten, wenn ein Poststreik nicht gegeben ist und die Versendung des Einspruchs aufgrund eines Postversehens zum Beispiel drei Wochen dauert. In solchen Fällen dürfte sich die Wiedereinsetzung in den früheren Stand anbieten.