Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Künstliche Befruchtung bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften

Im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen können besondere Aufwendungen steuermindernd angesetzt werden. Damit der Abzug gelingt, müssen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Die Aufwendungen müssen dabei zwangsläufig sein, was regelmäßig gegeben ist, wenn sie aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen entstehen und man sich deshalb den Aufwendungen nicht entziehen kann. Fakt ist aber auch, dass die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sein müssen, und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen dürfen.

Auf Basis dieser Einordnung der außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art musste das Finanzgericht Münster entscheiden, ob die Aufwendungen einer in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Frau für eine künstliche Befruchtung unter Verwendung von Samenzellen eines Spenders als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.

Im aktuellen Streitfall lehnte das erkennende Finanzgericht Münster mit Urteil vom 23.07.2015 unter dem Aktenzeichen 6 K 93/13 E den Abzug als außergewöhnliche Belastung ab, weil diese Kosten nicht zwangsläufig entstehen. Aufwendungen einer in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Frau für eine künstliche Befruchtung von Samenzellen eines Spenders sind demnach nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

Die erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichts Münster begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Bundesfinanzhof in München in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass zwar Krankheitskosten aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, jedoch nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt werden können, die zum Zwecke der Heilung oder mit dem Ziel erbracht werden, eine Krankheit erträglicher zu machen bzw. zu lindern.

Im Streitfall konnte das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in den Kosten für eine künstliche Befruchtung solche Aufwendungen nicht erkennen. Zudem sind die Richter der Meinung, dass es im Streitfall an der für die Anerkennung der Aufwendungen erforderlichen Zwangsläufigkeit fehlt, weshalb die Kosten für die künstliche Befruchtung nicht steuermindernd anerkannt werden.

Der sechste Senat des Finanzgerichts Münster sieht in seiner Auffassung auch keinen Verstoß gegen das Verfassungsrecht. Ob damit jedoch das letzte Wort gesprochen ist, ist derzeit noch nicht klar. Unumstritten wird die Entscheidung des Finanzgerichts Münster jedoch in keinen Fall sein. Insbesondere, weil auch die Linie des Bundesfinanzhofs hier nicht wirklich einheitlich ist. So hatte der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.12.2010 unter dem Aktenzeichen VI R 43/10 im Falle eines verschieden geschlechtlichen Paares klargestellt, dass Aufwendungen dieses Ehepaars für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Damit änderten die obersten Finanzrichter der Republik ihre Rechtsprechung, welche zuvor auf einer negativen Entscheidung aus 1999 basierte. Insofern hat das Finanzgericht Münster in dem hier vorliegenden Fall auch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Leider ist bis zum Redaktionsschluss nicht bekannt gewesen, ob die Revision zum Bundesfinanzhof tatsächlich eingelegt wurde.