Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung

2011 entschied der Bundesfinanzhof in mehreren Urteilen, das Prozesskosten auch für beliebige Prozesse als außergewöhnliche Belastung steuermindernd angesetzt werden können. Voraussetzung war dabei lediglich: Der Prozess darf nicht aussichtslos sein.

Hintergrund der Entscheidung war, dass die obersten Richter Kosten für einen Zivilprozesses auch dann als zwingend einstuften, wenn man selber die Klage eingereicht hatte. Der Grund für diese Auffassung: Schließlich kann man in der heutigen Zeit nicht mehr mit der Keule losziehen, wenn man seine Rechte durchsetzen möchte. Dafür ist gerade der Gerichtsweg geschaffen worden, weshalb im zivilisierten Leben eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist. Aus dieser Argumentation heraus erkannten die Richter folglich eine gewisse Zwangsläufigkeit, welche wiederum für den Abzug als außergewöhnliche Belastung unbedingt nötig ist.

Wie nicht anders zu erwarten, war der Finanzverwaltung diese Rechtsprechung jedoch ein Dorn im Auge. Daher wurde sie durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ausgehebelt. In einem neu geregelten § 33 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) heißt es seitdem, dass Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind.

Nur ausnahmsweise kann ein steuerlicher Abzug anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Da diese Voraussetzung auf die meisten Zivilprozesse wohl eher nicht zutrifft, hat der Gesetzgeber den steuerlichen Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung deutlich eingeengt. Die Finanzverwaltung kam daher zu dem Schluss, dass Prozesskosten überhaupt nicht mehr steuermindernd als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden können.

Mittlerweile sind bereits zahlreiche Steuerstreitigkeiten zu dieser Thematik anhängig. Ganz aktuell hat ein erstes Gericht entschieden – und zwar im Sinne des Steuerpflichtigen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit seinem Urteil vom 16.10.2014 unter dem Aktenzeichen 4 K 1976/14 klargestellt, dass Scheidungskosten auch nach der ab 2013 geltenden Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können.

Das Gericht geht davon aus, dass es für den Steuerpflichtigen existenziell ist, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Das deutsche Recht sieht dabei vor, dass eine Ehescheidung nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess durchgeführt werden kann, weshalb der Steuerpflichtige ansonsten keine andere Möglichkeit hat, eine Ehescheidung herbeizuführen. Folglich sind die Kosten für eine Ehescheidung zwangsläufig und können auch als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art steuermindernd angesetzt werden.

Anders sieht es allerdings bei Scheidungsfolgekosten aus. Diese sind bereits nach der bisherigen Rechtsprechung nicht als zwangsläufig anzusehen und damit nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Dies dürfte auch in Zukunft so bleiben, so die Meinung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz.

Ehrlich gesagt muss auch betont werden, dass die Begründung, warum Scheidungsfolgekosten nicht steuermindernd angesetzt werden können, logisch erscheint. Entsprechende Folgekosten entstehen nämlich nicht zwingend innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Schließlich sind auch außergerichtliche Scheidungsfolgenvereinbarungen möglich, sodass Gerichtskosten für Scheidungsfolgevereinbarungen nicht zwangsläufig entstehen. Dies gilt auch, wenn aufgrund eines zerrütteten Verhältnisses zwischen den (ehemaligen) Ehegatten keine andere Möglichkeit besteht, als diese Punkte gerichtlich klären zu lassen.

Nicht zuletzt weil sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz als erstes erstinstanzliches Gericht mit dieser Frage beschäftigte und entgegen die Verwaltungsauffassung entschieden hat, ist das Urteil von grundsätzlicher Bedeutung. Das erstinstanzliche Gericht war daher gezwungen, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen. Ein Aktenzeichen ist derzeit zwar nicht bekannt, jedoch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung hier den Revisionszug nach München zum Bundesfinanzhof besteigen wird. Betroffene sollten sich dennoch auf das obige Verfahren berufen. Sobald ein Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs bekannt wird, werden wir wieder darüber berichten.