In der Praxis kommt es häufig vor, dass bei der Veräußerung von Immobilien, Unternehmen oder anderen größeren Wirtschaftsgütern der Kaufpreis nicht sofort, sondern stattdessen in Raten über Jahre hinweg gezahlt wird. Dies gilt insbesondere auch für Verträge unter nahen Angehörigen, wenn Immobilien, Unternehmen etc. entgeltlich veräußert werden.
Die Finanzverwaltung ist bei solchen Verträgen regelmäßig davon ausgegangen, dass die Kaufpreisraten dann grundsätzlich in Zins- und Tilgungsanteile aufzuteilen sind. Der Gedanke hinter dieser Vorgehensweise: Wenn jemand ein Wirtschaftsgut für beispielsweise 100.000 Euro veräußert, ist er besser gestellt, wenn er den Kaufpreis sofort erhält. Wird der Kaufpreis jedoch in Raten über mehrere Jahre hinweg gezahlt, kommt dies im abgekürzten Zahlungsweg einer Darlehensgewährung an den Erwerber gleich. Das Finanzamt fingiert also eine Zahlung des Kaufpreises und eine gleichzeitige Rückgewährung des Kaufpreises als Darlehen und dessen ratierliche und verzinste Rückzahlung.
Selbst wenn der Verkäufer unter dem Strich nur die beispielhaften 100.000 Euro erhält, möchte die Finanzverwaltung dann in Zins- und Tilgungsanteile aufteilen. Im Ergebnis führt diese Vorgehensweise dazu, dass über den vereinbarten Zeitraum hinweg zwar auch die beispielhaften 100.000 Euro fließen, welche jedoch aus einem Zinsanteil und einem Kaufpreisanteil bestehen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass der Kaufpreis nicht mehr 100.000 Euro beträgt, sondern um einen individuell zu errechnenden Zinsanteil gemindert ist.
Die Finanzverwaltung hat insbesondere deshalb Interesse an dieser Auslegung, da der Zinsanteil einer jeden Kaufpreisrate direkt zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gezählt wird. Insofern liegen also auch steuerpflichtige Einkünfte (in diesem Fall Einkünfte aus Kapitalvermögen) vor, wenn die Veräußerung selber auf der privaten Vermögensebene stattfinden würde oder eine Veräußerungsbesteuerung alternativ erst sehr viel später eintreten würde. Mit anderen Worten: Es besteht durchaus ein fiskalisches und einnahmesicherndes Interesse an vorstehender Auslegung.
Aktuell hat jedoch erstmals das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf mit seiner Entscheidung vom 22.10.2014 unter dem Aktenzeichen 7 K 451/14 E Zweifel an der Aufteilung von Kaufpreisraten in Zins- und Tilgungsanteile geäußert.
In ihrer Entscheidung urteilten die Düsseldorfer Richter: Orientiert sich bei einem Geschäft (hier unter Angehörigen) die über den gesamten Zeitraum zu leistende Ratenzahlung auf eine Kaufpreisforderung an dem Verkehrswert des verkauften Grundstücks, ist eine zur Aufteilung der Kaufpreisraten in Zins- und Tilgungsanteile führende Kapitalüberlassung gegen Entgelt zu verneinen.
Der Grund für diese Entscheidung: Die Richter sehen schlichtweg keinen Raum für einen Zinsanteil. Vielmehr ging die erste Instanz aus Düsseldorf davon aus, dass, wenn ein Kaufpreis vereinbart wird, dieser auch durch die Finanzverwaltung übernommen werden muss. Sofern dieser Kaufpreis über mehrere Raten zu entrichten ist, sehen auch die Erstinstanzler darin eine Art Darlehen im abgekürzten Zahlungsweg. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Düsseldorfer Richter nicht direkt auch eine konkludente und unausgesprochene Zinsvereinbarung erkennen oder alternativ einen Zinsanteil mit Null ansetzen.
Insoweit besteht die komplette Rate dann aus einem Tilgungsanteil und es kommt nicht zur sofortigen Versteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen beim Veräußerer.
Exkurs: | Die erstinstanzlichen Düsseldorfer Richter beziehen sich in ihrer Argumentation auf ein BFH-Urteil aus 2010 unter dem Aktenzeichen VIII R 43/06. Darin hatte der Bundesfinanzhof in München geurteilt: Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält dafür im Gegenzug von den Eltern wiederkehrende Zahlungen, so liegt darin kein entgeltlicher Leistungsaustausch und keine Kapitalüberlassung des Kindes an die Eltern, sodass in den wiederkehrenden Zahlungen auch kein einkommensteuerbarer Zinsanteil enthalten ist. Ergo: Auch hier hielt der Bundesfinanzhof eine Aufteilung in Zins- und Tilgungsanteile nicht für geboten, weshalb das erstinstanzliche Urteil aus Düsseldorf vielversprechend ist. Aktuell muss jedoch noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 55/14 über den Streitfall entscheiden. |
Tipp: | Betroffene Veräußerer, bei denen das Finanzamt Kaufpreisraten in Zins-und Tilgungsanteile aufgeteilt hat, sodass direkt Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden müssen, sollten sich mittels Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid wehren und in Bezug auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof die eigene Verfahrensruhe beantragen. Aus unserer Sicht stehen die Chancen außerordentlich gut, dass auch der Bundesfinanzhof der Meinung der Düsseldorfer Richter folgen wird. |
Darüber hinaus ist jedoch zu beachten, dass der Fiskus auch insbesondere bei Verträgen unter Angehörigen in der Kapitalüberlassung zu einem Zinssatz von Null insoweit eine steuerpflichtige Schenkung sehen könnte. Der Einzelfall muss daher auf dieses Steuerrisiko hin noch geprüft werden.