Mit Urteil vom 17. Dezember 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvL 21/12 die Ausgestaltung der Verschonungsregelungen im Erbschaftssteuerrecht für verfassungswidrig eingestuft. Die Folge: Der Gesetzgeber hat bis Mitte 2016 Zeit, ein neues, verfassungskonformes Recht zu schaffen. Daran arbeitet er bereits mit Hochdruck, und tatsächlich hat das Bundeskabinett bereits am 08. Juli 2015 einen Gesetzesentwurf zur Anpassung des Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Der Gesetzesentwurf sieht dabei die folgenden Details vor:
Zunächst muss hinsichtlich der geplanten Neuregelungen ein paar Worte zum sogenannten begünstigten Vermögen gesagt werden: Bisher sah es so aus, dass Steuerverschonungen, also Steuerbefreiungen, gegeben waren, wenn das Betriebsvermögen einen Verwaltungsvermögenanteil von bis zu 50 % erreicht. Dies wird dies zukünftig strenger gehandhabt.
So wird in der Zukunft nur noch das so genannte begünstigte Vermögen verschont. Was damit gemeint ist? Als begünstigtes Vermögen gilt wiederum nur das Vermögen, welches überwiegend seinem Hauptzweck nach auch tatsächlich der unternehmerischen Tätigkeit dient.
Die Folge dieser Neudefinition: Allein über diese Auslegung wird bereits missbräuchliche Gestaltung verhindert, da wirklich nur Vermögen, welches dem Hauptzweck der unternehmerischen Tätigkeit dient, begünstigt ist und somit auch die so genannten Kaskadeneffekte in Beteiligungsgesellschaften zukünftig nicht mehr möglich sind. Insoweit liegt schon hierin eine kleine Änderung mit hoher Wirkungskraft.
Im Hinblick auf die Verschonungsregeln kann nach Wahl des Erwerbers und unter Vorlage bestimmter Voraussetzungen das begünstigte Vermögen nach wie vor entweder zu 85 % oder sogar vollständig (also zu 100 %) von der Erbschafts- und Schenkungsteuer befreit werden.
In Abhängigkeit der gewünschten Befreiungshöhe von der Erbschafts- bzw. Schenkungsteuer müssen die folgenden Voraussetzungen beachtet werden:
Bei der 85-prozentigen Steuerverschonung bei Erbschaft oder Schenkung muss der Betrieb eine Behaltefrist von mindestens fünf Jahre nach Übergang auf den Erben oder Beschenkten aufweisen und die Lohnsumme darf innerhalb dieser fünf Jahre nach Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten.
Wird die vollständige Steuerbefreiung anstrebt, sind die Voraussetzungen deutlich straffer: In diesem Fall gilt dann eine Mindest-Fortführung von sieben Jahren, und die Lohnsumme darf unter dem Strich insgesamt 700 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet.
Besonders zu erwähnende Änderungen in Sachen Verschonungsregeln sind bei der Lohnsummenregelung für kleine Unternehmen zu verzeichnen. Bisher konnten Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten vollständig von der Lohnsummenregelung ausgenommen werden, sodass sie lediglich die Behaltefrist nach dem Übergang des Betriebs zu beachten hatten. Dies ist nach dem Gesetzentwurf nicht mehr so. Auch kleine Unternehmen müssen nun grundsätzlich die Lohnsummenregelung anwenden. Jedoch gibt es hier eine leicht modifizierte Lohnsummenregelung für kleine Unternehmen bis zu 15 Beschäftigte.
Bei dieser Modifizierung ist folgende dreigeteilte Staffelung vorgesehen:
In der ersten Stufe sind Unternehmen von der Lohnsummenregelung vollständig befreit, wenn sie lediglich bis zu drei Beschäftigte haben. Bei diesen Kleinstunternehmen ist daher nur die Behaltefrist maßgebend.
Auf der zweiten Stufe geht es um Unternehmen mit vier bis zehn Beschäftigten. Bei dieser Unternehmensgröße gilt bei Wahl der 85-prozentigen Steuerbefreiung die Maßgabe, dass eine Lohnsumme von 250% der Ausgangslohnsumme in der Behaltefrist von fünf Jahren nicht unterschritten werden darf.
Sofern Unternehmen mit dieser Beschäftigtenzahl sogar die hundertprozentige Steuerbefreiung anstreben wollen, müssen Sie in der Behaltefrist von sieben Jahren eine Lohnsumme von 500 % einhalten.
Auf der letzten Stufe sind Unternehmen mit elf bis 15 Beschäftigten einzuordnen. Sofern mit dieser Beschäftigtenzahl die 85-prozentige Steuerbefreiung erreicht werden soll, muss innerhalb der Behaltefrist von fünf Jahren nach Unternehmensübergang eine Lohnsumme von 300 % eingehalten werden.
Soll sogar eine Steuerbefreiung von 100 % erreicht werden, gilt innerhalb der Behaltefrist von sieben Jahren eine Lohnsumme von 565 % der Ausgangslohnsumme zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs.
Insgesamt sind damit weiterhin erhebliche Steuervergünstigungen für Unternehmen möglich, jedoch sind diese insbesondere für die genannten kleineren Unternehmen schwieriger zu erreichen. Bei Prüfung der Beschäftigtenzahl ist festzuhalten, dass Beschäftigte in Mutterschutz und Arbeitnehmer in Elternzeit sowie Langzeiterkrankte und Auszubildende nicht mit einzurechnen sind.
Darüber hinaus gibt es weiterhin Spezialregelungen für Unternehmen mit einem begünstigten Vermögen von über 26 Million Euro, welches jedoch an dieser Stelle eher als nachrangig eingeordnet wird, so dass auf weitere Ausführungen diesbezüglich verzichtet wird.
Sobald sich im Gesetzgebungsverfahren oder an dem Entwurf zum neuen Erbschaftssteuerrecht etwas ändert, werden wir Sie selbstverständlich unaufgefordert unterrichten.