Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Verteilung von außergewöhnlichen Belastungen möglich

Grundsätzlich gilt beim Ansatz der außergewöhnlichen Belastungen auch das Geldflussprinzip. Soll heißen: In dem Jahr, in dem die außergewöhnlichen Belastungen bezahlt werden, erfolgt auch der steuermindernde Ansatz.

Diese Vorgehensweise kann allerdings dazu führen, dass sich in einem Jahr die Einkommensteuer durch den Abzug der außergewöhnlichen Belastungen auf null reduziert, jedoch höhere Beträge der außergewöhnlichen Belastungen schlichtweg ins Leere gehen. So ist es beispielsweise häufig bei einem behinderungsbedingten Umbau des Eigenheims.

Der Lebenssachverhalt in einem solchen Fall gestaltet sich vielfach wie folgt: Ein Mensch hat einen Unfall und ist fortan behindert. Es erfolgt der behinderungsbedingte Umbau des Eigenheims, damit dies weiterhin zu Wohnzwecken genutzt werden kann. Die Kosten für einen solchen Umbau können zwar im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen unter Anrechnung der individuellen zumutbaren Belastung angesetzt werden, jedoch können solche Umbaukosten auch schnell die Einkünfte eines Jahres übersteigen. In der Folge würde ein großer Teil der Umbaukosten ins Leere gehen, und insoweit wäre eine Steuerminderung verloren.

Erfreulicherweise hat sich mit dieser Problematik das Finanzgericht des Saarlandes beschäftigt. In seinem Urteil vom 06.08.2013 (Az: 1 K 1308/12) entschieden die Richter: „Würden sich Aufwendungen in erheblicher Höhe (hier: 135.143 EUR) für den behinderungsbedingten Umbau des eigenen Hauses im Jahr ihrer Verausgabung zum ganz überwiegenden Teil steuerlich nicht auswirken (im Streitfall: Gesamtbetrag der Einkünfte von nur 43.526), ist eine Billigkeitsregelung (…) dahingehend angemessen, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen (…) auf fünf Jahre verteilen kann.“

Insgesamt möchte das Saarländische Finanzgericht das Zufluss- und Abflussprinzip in solch besonderen Fällen durch eine Billigkeitsmaßnahme aushebeln. Die Verteilung auf fünf Jahre ist dabei der Regelung des § 82 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung geschuldet, wonach Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf Antrag ebenfalls in Abweichung vom Abflussprinzip auf fünf Jahre verteilt werden dürfen.

Wie nicht anders zu erwarten, wurde die Entscheidung des Saarländischen Finanzgerichtes nicht rechtskräftig. Unter dem Aktenzeichen VI R 68/13 ist die Finanzverwaltung in Revision gezogen. Aktuell muss daher der Bundesfinanzhof klären, ob im Wege einer Billigkeitsentscheidung Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses auf Antrag auch auf das Jahr der Ausgabe und die Folgejahre verteilt werden können.

Tipp: Sollte der Bundesfinanzhof im Sinne der Steuerpflichtigen entscheiden, könnte dies schnell zu einer Steuerersparnis von einigen tausend Euro führen. Der eigene Einspruch kann sich also lohnen. Ebenso gilt es zu bedenken, ob auch noch andere außergewöhnliche Belastungen jenseits des behinderungsbedingten Umbaus eines Eigenheims eine Abweichung vom Abflussprinzip im Wege der Billigkeit rechtfertigen können. Entscheidende Voraussetzung müsste dabei mindestens sein, dass die außergewöhnlichen Belastungen sich in erheblicher Höhe nicht im Zahlungsjahr auswirken würden. Dies ist der Fall, wenn sie deutlich über dem Gesamtbetrag der Einkünfte liegen. Nur dann kann man überhaupt in die Nähe einer entsprechenden Billigkeitsregelung gelangen.