Unter dem Aktenzeichen 1 BvR 21/12 ist beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Normenkontrollverfahren hinsichtlich des ab 2009 neu geltenden Erbschaftssteuerrechts anhängig. Dies ist keine Neuigkeit. Neu ist aber: Mit Beschluss vom 21.11.2013 hat der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen II B 46/13 entschieden, dass die Vollziehung eines Erbschaftssteuerbescheids auf dem seit 2009 beruhenden Recht auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen oder aufzuheben ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes besteht.
Die Frage, wann ein solches berechtigtes Interesse tatsächlich vorliegt, beantwortet der Bundesfinanzhof in seinem vorgenannten Beschluss direkt mit: Ein berechtigtes Interesse liegt jedenfalls vor, wenn der Steuerpflichtige mangels des Erwerbs liquider Mittel zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftssteuer eines Vermögens eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss.
Wer daher weder Bargeld oder Bankguthaben oder beispielsweise eine mit Ableben des Erblassers fällige Forderung an eine Lebensversicherung erhält, sondern lediglich Gegenstände zur Festsetzungen der Erbschaftssteuer führen, hat daher ein berechtigtes Interesse, in den Genuss der Aussetzung der Vollziehung zu gelangen.
Bisher sah der Bundesfinanzhof dies allerdings anders. An der Rechtsprechung, nach der eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nicht zu gewähren ist, wenn zu erwarten ist, dass das Bundesverfassungsgericht lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgegeben wird, hält der Senat jedoch nicht mehr fest. Dies ist die ausdrückliche Entscheidung im oben genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs.
Im Ergebnis führt der Beschluss dazu, dass der vorläufige Rechtsschutz vollkommen unabhängig davon zu bewerten ist, welche Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Norm erwartet wird. Entscheidend ist vielmehr, ob ein qualifiziertes und berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht. Ist dieses vorhanden, muss es auch durchsetzbar sein!
Exkurs: | Wohl gemerkt sollte man nun jedoch nicht in allen Erbschaftssteuerfällen Anträge auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Fraglich ist nämlich insoweit, ob dies überhaupt Sinn macht. Immerhin gilt zu bedenken, dass die Steuerforderung auch verzinst wird. Wer daher zwar keine liquiden Mittel geerbt hat, jedoch aus eigenem Vermögen die festgesetzte Erbschaftsteuer zahlen kann, sollte sich gut überlegen, ob er dieses Zinsrisiko eingehen möchte. |