Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Vorweggenommener Werbungskostenabzug auch bei erstmaliger Berufsausbildung?

Die Fragen rund um die steuerliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten hat in den letzten Jahren nicht nur die Gemüter erregt, sondern auch zu einigem Hin und Her in der rechtlichen Lage geführt. Nach derzeitigem Stand gilt folgendes: Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, können von Steuerpflichtigen nicht als vorweggenommene Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Möglich ist insoweit lediglich ein Sonderausgabenabzug, der jedoch auf 6.000 Euro (bis 2011: 4.000 Euro) im Kalenderjahr begrenzt ist. Ebenso ist beim Sonderausgabenabzug ein Vor- oder Rücktrag nicht berücksichtigter Kosten in andere Kalenderjahre nicht möglich.

Unter dem Strich ist daher für den Steuerpflichtigen ein vorweggenommener Werbungskostenabzug deutlich günstiger. Dieser ist weder durch einen Höchstbetrag begrenzt noch geht er im Endeffekt ins Leere, wenn im Jahr der Verausgabung keine Einkünfte vorhanden sind. In diesem Fall würden übersteigende Werbungskosten für die Berufsausbildung zu einem Verlustvortrag führen, der schließlich im Jahr der Vereinnahmung erster Einkünfte steuermindernd verrechnet werden könnte.

Ob diese Regelung jedoch tatsächlich im Einklang mit dem Grundgesetz steht, muss aktuell das Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BvR 22/14 prüfen.

Grund dafür ist ein Normenkontrollverfahren, welches vom Bundesfinanzhof durch einen Beschluss vom 17.07.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 61/11 angestoßen wurde. Darin stellen die obersten Finanzrichter der Republik den Verfassungshütern die Frage, ob es überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerlichen Regelungen bestehen, nach denen die von Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die Einkommensteuerbemessungsgrundlage mindern.

Hintergrund der Frage ist, dass die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofes hier eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Steuerpflichtigen sehen, deren Erstausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Exkurs: Betroffene Steuerpflichtige sollten daher Einspruch einlegen und auch die Aufwendungen für die Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses als vorweggenommene Werbungskosten zum Einsatz bringen. Für zukünftige Bescheide ist davon auszugehen, dass insoweit eine Vorläufigkeit im Bescheid aufgenommen wird, jedoch sind ebenso schon ergangene Bescheide zu prüfen, ob diese im Hinblick auf einen entsprechenden Werbungskostenabzug noch änderbar sind. Selbst wenn eine Anfechtung entsprechender Bescheide noch möglich ist, wird der Fiskus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Berücksichtigung der Werbungskosten verweigern. Tatsächlich ist er jedoch dazu gezwungen, den eingelegten Rechtsbehelf ruhend zu stellen bis das Bundesverfassungsgericht über die Frage des Grundgesetzverstoßes entschieden hat.

 

Insgesamt hat der Bundesfinanzhof neben dem oben zitierten Normenkontrollverfahren bisher noch fünf weitere Verfahren an das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe weitergeleitet.