Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Wann ist ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich?

Fragen rund um die Abzugsfähigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers sind in der Finanzrechtsprechung Stammgast. Aktuell ist jedoch ein Urteil des Bundesfinanzhofs in München hervorzuheben, bei dem es um die Beantwortung der Frage geht, ob denn ein häusliches Arbeitszimmer für seine steuermindernde Berücksichtigung bei der Einkommensteuer auch tatsächlich erforderlich sein muss – und was Erforderlichkeit in diesem Sinne überhaupt bedeutet.

Hintergrund: Ausweislich des Einkommensteuergesetzes dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht steuermindernd angesetzt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt. Diese Höchstbetragsbeschränkung gilt jedoch nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

In dem aktuell vor dem Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ging es nun darum, dass der Kläger im Wesentlichen lediglich zwei Mietwohnungen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in seinem häuslichen Arbeitszimmer verwaltete. Obwohl für diese Verwaltungstätigkeit im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand und demnach ein Abzug der entsprechenden Raumkosten bis zu 1.250 Euro im Jahr möglich sein sollte, verweigerte das Finanzamt den steuermindernden Abzug.

Die fiskalische Begründung des Finanzamtes (Auszug aus der Tatbestandsschilderung des Bundesfinanzhof): Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer könnten nur berücksichtigt werden, wenn dieses für die Tätigkeit erforderlich sei. Dies folge zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, aber aus dem Sinnzusammenhang der Regelungen zur Abzugsfähigkeit eines Arbeitszimmers. Der Kläger verwalte nur zwei Mietwohnungen selbst. Dafür sei ein Arbeitszimmer nicht erforderlich.

Dieser fiskalischen Entscheidung trat der Bundesfinanzhof in München nun mit Urteil vom 08.03.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 52/14 entgegen. In den Urteilsgründen verweisen die Richter dabei auf eine Entscheidung aus dem Jahr 1996. In dem damaligen Urteil vom 27.09.1996 unter dem Aktenzeichen VI R 47/96 hatten die Richter im Wesentlichen erklärt, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten bei den Einnahmen abgezogen werden dürfen, wenn die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 Prozent der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Neben diesen Aussagen zur Verfassungsmäßigkeit der Arbeitszimmerregelung haben die obersten Finanzrichter der Republik jedoch auch dargelegt, dass der Abzugsbeschränkung für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer die gesetzgeberische Überlegung zugrunde liegt, dass entsprechende Kosten für den heimischen Arbeitsplatz nur dann steuerlich abziehbar sein sollen, wenn ein solches Arbeitszimmer für die Erwerbstätigkeit erforderlich ist.

Tatsächlich verwendet jedoch das Gesetz den Begriff der Erforderlichkeit oder auch der Notwendigkeit nicht. Die für den Abzug erforderlichen Voraussetzungen, dass entweder ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehen darf oder dass ein bestimmtes Nutzungsmaß im Verhältnis zur gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit erreicht sein muss, sind aber ihrem Wesen nach eine abschließende gesetzliche Beschreibung der Fallgestaltung, bei denen nach der Wertung des Gesetzgebers ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich ist.

Insoweit hat das Finanzamt zwar Recht, dass ein häusliches Arbeitszimmer immer nur dann steuermindernd berücksichtigt werden kann, wenn es erforderlich ist. Das Finanzamt hat hingegen kein Recht zu bestimmen, wann denn der heimische Arbeitsplatz erforderlich sein soll und wann nicht. Diesbezüglich verweist der Bundesfinanzhof im Rahmen dieses obiter dictum auf die gesetzliche Regelung, welche bereits definiert, wann eine Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers gegeben ist.

Ausdrücklich führen die Richter dabei weiter aus, dass es sich bei der gesetzlichen Regelung quasi um eine abschließende Aufzählung der Tatbestände der Erforderlichkeit handelt. Daraus ergibt sich: Ist eine der im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt, kann insoweit auch das häusliche Arbeitszimmer steuermindernd berücksichtigt werden.

Im Urteilssachverhalt war es definitiv so, dass dem Steuerpflichtigen für die Verwaltung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, weshalb er insoweit mindestens den Arbeitszimmer-Höchstbetrag in Höhe von 1.250 Euro im Jahr geltend machen darf.

Tipp: Betroffene, denen das Finanzamt ebenfalls den Abzug der Arbeitszimmerkosten wegen einer angeblich fehlenden Erforderlichkeit verwehren möchte, sollten sich auf die beiden Urteile des Bundesfinanzhofs in München (die im Übrigen von unterschiedlichen Senaten stammen) berufen. Sofern sonst alle Voraussetzungen gegeben sind, sollte dabei weder der Einspruchsweg noch gegebenenfalls der Klageweg gescheut werden.

 

Exkurs: Im vorliegenden Fall hatte der Bundesfinanzhof die Sache jedoch wieder an das erstinstanzliche Finanzgericht zurückverwiesen. Der Grund: Das erstinstanzliche Gericht hat überhaupt nicht geprüft, ob tatsächlich ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt oder ob eine eventuelle private Mitnutzung des Raums den steuerlichen Abzug grundsätzlich verwehrt. Tatsächlich liegt ein häusliches Arbeitszimmer nämlich nur vor, wenn dieses nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Dinge verwendet wird.

In der Praxis kann daher der Abzug der Arbeitszimmerkosten an einer privaten Mitnutzung scheitern. Ist eine private Nutzung jedoch nicht gegeben, und es ist für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz vorhanden, sollten die Arbeitszimmerkosten in jedem Fall steuermindernd ansetzbar sein.