Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Weitere Steuerstreite vor dem Bundesverfassungsgericht

Nachdem wir im vorherigen Beitrag schon über den Steuerstreit hinsichtlich der Steuerpflicht von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen berichtet haben, wollen wir Ihnen an dieser Stelle weitere steuerliche Streitigkeiten, die mittlerweile beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angekommen sind, nicht vorenthalten. Im Folgenden daher eine bunte Mischung von verfassungsrechtlichen Prüfungen in Sachen Steuerrecht:

Begleitperson bei Behinderten und Differenzierung von Arbeits- oder Urlaubsreise?

Unter dem Aktenzeichen VIII R 51/10 hat der Bundesfinanzhof am 07.05.2013 entschieden, dass, wenn ein Steuerpflichtiger zur Erholung und zur Aktualisierung von Lehrbüchern an ausländische Ferienorte reist, regelmäßig von einer nicht unwesentlichen privaten Veranlassung auszugehen ist. Dies führt bei fehlender Trennbarkeit der Reise in einen beruflichen und privaten Anteil dazu, dass die Aufwendungen komplett nicht steuermindernd abgezogen werden dürfen, auch wenn tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit an den ausländischen Ferienorten absolviert wurde.

Ebenso stellten die Richter in der vorgenannten Entscheidung klar, dass Aufwendungen eines Schwerbehinderten für eine Begleitpersonen nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, wenn die Begleitperson der Ehegatte ist, der aus eigenem Interesse an der Reise teilgenommen hat und für den kein durch die Behinderung des anderen Ehegatten veranlasster Mehraufwand angefallen ist.

Obwohl man im Allgemeinen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs als richtig einordnen möchte, ist dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt worden. Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 295/14 muss daher geklärt werden, ob die Abziehbarkeit von Aufwendungen für Reisen an ausländische Ferienorte zur Erholung und gleichzeitigen Aktualisierung von Lehrbüchern grundsätzlichen in einen privaten und beruflichen Teil aufgeteilt werden kann.

Ebenso muss geklärt werden, ab wann Aufwendungen eines Schwerbehinderten für eine Begleitperson bei Reisen als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zugelassen sind. Auch wenn insoweit der vorliegende Sachverhalt des anhängigen Verfahrens ein wenig merkwürdig ist, ist insbesondere die Antwort auf die letzte Frage für viele Behinderte von großer Relevanz.

Zur Besteuerung von Leistungen berufsständischer Versorgungswerke

Mit Urteil vom 24.10.2013 (Az: X R 21/12) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Leistungen, die von berufsständischen Versorgungseinrichtungen nach dem 31. Dezember 2004 gezahlt werden, als andere Leistung mit dem Besteuerungsanteil zu besteuern sind. Diese durch das Alterseinkünftegesetz begründete Steuerpflicht von Leistungen soll nach Meinung der Richter am Bundesfinanzhof weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen. Ob dies wirklich so ist, darf zumindest noch bezweifelt werden. Der Grund: Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 143/14 muss sich erfreulicherweise das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde mit der Steuerpflicht von Leistungen berufsständischer Versorgungswerke beschäftigen. Es bleibt zu hoffen, dass die obersten Verfassungshüter ein Einsehen haben.

Kindergeld für Ausländer ohne weitere Voraussetzungen?

Einen ganzen Schwung von Anhängigkeiten beim Bundesverfassungsgericht hat das Niedersächsische Finanzgericht unter anderem durch Beschluss vom 19.08.2013 unter dem Aktenzeichen 7 K 9/10 geschaffen. Das Niedersächsische Finanzgericht hält nämlich die Regelung des § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), nach der ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer abhängig von der Art seines Aufenthaltsstatus teilweise keinen Anspruch auf Kindergeld hat, teilweise ohne weitere Voraussetzung und teilweise nur bei Vorliegen weitere Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld hat, für verfassungswidrig.

In insgesamt sechs Normenkontrollverfahren unter den Aktenzeichen 2 BvL 9-14/14 muss daher nun das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit von § 62 Abs. 2 EStG mit Art. 3 des Grundgesetzes prüfen. Sollte das Bundesverfassungsgericht ähnliche Bedenken haben, könnte dies dazu führen, dass alle in Deutschland lebenden Ausländer auch ohne weitere Voraussetzungen Kindergeld erhalten, sofern der Gesetzgeber keine Änderung der aktuellen Vorschrift herbeiführt.