Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Zum Abgeltungsteuersatz bei Kapitalerträgen aus Darlehen zwischen Angehörigen

Grundsätzlich unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen, dazu gehören auch Zinseinnahmen aus privat gewährten Darlehen, der Abgeltungsteuer. Das Gesetz möchte jedoch von der Besteuerung mit 25 % Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer eine Ausnahme machen, wenn sich bei Privatdarlehen Angehörige gegenüberstehen und der Schuldner des Darlehens die gezahlten Zinsen steuermindernd einsetzen kann.

Der Grund für diese Ausnahme liegt auf der Hand: Auch in solchen Fällen möchte der Darlehensgebende die Zinseinnahmen nur mit 25 % Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer versteuern, während der zinszahlende Angehörige eine Steuerminderung in Höhe seines persönlichen Einkommensteuersatzes hat. Liegt dieser persönliche Einkommensteuersatz (und das ist in der Regel wahrscheinlich) über 25 %, so verliert der Staat dadurch permanent Geld, während die darlehensvertraglich verbundenen Angehörigen quasi eine Gelddruckmaschine ans Laufen gebracht haben.

Daher wollte der Gesetzgeber in solchen Fällen eine Ausnahme schaffen und die Zinsen auch zum persönlichen Steuersatz beim Darlehensgeber besteuern. Diesbezüglich hat der Bundesfinanzhof jedoch bereits in mehreren Urteilen vom 25.04.2014 dem Gesetzgeber eine Absage erteilt. Insoweit gilt: Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige sind.

Unter dem Aktenzeichen VIII R 9/13 urteilten die obersten Finanzrichter daher: „Gewährt der Steuerpflichtige seinem Abkömmling ein Darlehen zur Anschaffung einer fremdvermieteten Immobilie und ist der Darlehensvertrag nach dem Maßstab des Fremdvergleichs der Besteuerung zu Grunde zu legen, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder der Regelung über die Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes geschlossen werden.“ Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles bei dem Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge ein so genannter Gesamtbelastungsvorteil entsteht.

Anders ausgedrückt: Selbst dann, wenn es eindeutig ist, dass der Zins zahlende Angehörige eine höhere Steuerminderung durch die Zinszahlung erreicht, als der zinserhaltende Angehörige Steuern bezahlt ist, diese Gestaltung rechtens. Die Gelddruckmaschine darf mit höchstrichterlicher Genehmigung weiterlaufen.

Dies bestätigte der Bundesfinanzhof auch in einem weiteren Urteil vom gleichen Tag unter dem Aktenzeichen VIII R 35/13. Auch hier urteilten die Richter eindeutig, dass die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes (entgegen der gesetzlichen Regelung) nicht ausgeschlossen ist, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge zwar Angehörige sind, für eine missbräuchliche Gestaltung jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Vereinfacht ausgedrückt: Der Fremdvergleich der Vereinbarungen muss passen, dann greift auch der Abgeltungsteuersatz.

Besonders lukrativ wird dieses Gestaltungsmodell zwischen Ehegatten: Diese werden grundsätzlich zusammenveranlagt. Wenn nun der eine Ehegatte dem anderen Ehegatten ein Darlehen gibt und dieser die Zinsen für das Darlehen steuermindernd abziehen kann, ist damit ein effektiver Gesamtbelastungsvorteil in der gleichen Steuererklärung gegeben.

Der zinserhaltende Ehegatte muss nämlich die Zinsen nur mit 25 % Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggfs. Kirchensteuer versteuern, während der zinszahlende Ehegatte durch die Zinsen einer Steuerminderung zum persönlichen Steuersatz einfährt. Sofern der persönliche Grenzsteuersatz nun oberhalb von 25 % liegt spart der zinszahlende Ehegatte in der gleichen Steuererklärung mehr Steuern ein, als der zinserhaltende Ehegatte in besagter Steuererklärung zu versteuern hat.

Auch dies hat der BFH jedoch in einer Entscheidung vom 25.04.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 44/13 als rechtens angesehen. Auch wenn hierbei wie beschrieben ein entsprechender Gesamtbelastungsvorteil in der gleichen Steuererklärung entsteht, darf die Gelddruckmaschine weiterlaufen. Zumindest grundsätzlich. Eine Ausnahme hat der Bundesfinanzhof in einem späteren Urteil nämlich geschaffen.

Mit Entscheidung vom 28.01.2015 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 8/14 geurteilt, dass ein Ausschluss der Abgeltungsteuer bei Kapitalerträgen aus Darlehen zwischen Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt ist. Ausdrücklich sei gesagt, dass diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu den vorherigen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs steht. Vielmehr lag hier ein sehr spezieller Sachverhalt vor. Im Urteilsfall war nämlich der darlehenserhaltende Ehegatte finanziell vollkommen abhängig, so dass der andere Ehegatte bei Gewährung des Darlehens einen beherrschenden Einfluss ausüben konnte. Nur in solchen Fällen schloss der Bundesfinanzhof daher die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes aus, so dass beide Ehegatten sowohl bei Versteuerung und steuerlichem Abzug den persönlichen Steuersatz anzuwenden haben.

Tatsächlich gibt es jedoch zu dieser Entscheidung positive Neuigkeiten. Aktuell wurde dagegen eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, sodass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 2 BvR 623/15 klären muss, ob die finanzielle Beherrschung hier tatsächlich die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ausschließt.

Exkurs: Für die Praxis gilt daher: Sofern der Darlehensnehmer-Ehegatte finanziell von seinem Partner beherrscht wird, sollte Einspruch gegen den Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes eingelegt werden und auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verwiesen werden. In allen anderen Fällen kann die zuvor zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angeführt werden, die deutlich darlegt, dass selbst bei einem so genannten Gesamtbelastungsvorteil der Steuerpflichtigen die Zinseinnahmen des einen Angehörigen mit dem Abgeltungsteuersatz besteuert werden dürfen.