Steuerbüro Bachmann

Für alle Steuerpflichtigen: Zur Verteilung von Kosten eines behindertengerechten Umbaus

Durch die Rechtsprechung ist mittlerweile einwandfrei geklärt, dass behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art steuermindernd angesetzt werden dürfen. So hat beispielsweise der Bundesfinanzhof in einem Urteil aus 2009 (Az: VI R 7/09) entschieden: Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, wenn sie so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalls in den Hintergrund tritt.

Auch wenn insoweit mittlerweile Rechtssicherheit besteht, ist eine sehr wesentliche Streitfrage zur steuerlichen Behandlung von behinderungsbedingten Umbaukosten noch offen: Abschließend ist bisher nämlich nicht geklärt, wie Sachverhalte zu handhaben sind, bei denen sich der Abzug der behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen als außergewöhnliche Belastungen nicht oder nur sehr gering auswirkt, weil das zu versteuernde Einkommen niedriger ist als die Kosten für den Umbau. Das konkrete Problem in solchen Fällen: Grundsätzlich müssen die Kosten für außergewöhnliche Belastungen im Zeitpunkt ihrer Zahlung steuermindernd berücksichtigt werden. Dies kann jedoch dazu führen, dass sich erhebliche außergewöhnliche Belastungen nicht auswirken, weil kein ausreichendes Einkommen bzw. kein ausreichender Gesamtbetrag der Einkünfte vorhanden sind.

Um eine solche negative Folge des Abflussprinzips zu verhindern, hat das Finanzgericht des Saarlandes bereits in einer Entscheidung vom 06.08.2013 unter dem Aktenzeichen 1 K 1308/12 entschieden, dass im Billigkeitswege auch eine Verteilung der außergewöhnlichen Belastungen auf fünf Jahre erfolgen kann. Bei dieser Verteilung im Billigkeitswege auf fünf Jahre lehnt sich das Finanzgericht an die wahlweise Verteilung von größeren Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Insgesamt eine sehr zu begrüßende Meinung der Richter des Saarlandes. Leider ist das Streitthema aber damit noch nicht beendet.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt nämlich eine negative Entscheidung getroffen. Nach Meinung der Richter aus dem Ländle können außergewöhnliche Belastungen im Fälligkeitswege nicht auf mehrere Jahre verteilt werden. Dies soll nach der Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 23.04.2015 unter dem Aktenzeichen 3 K 1750/13 auch gelten, wenn sich die außergewöhnlichen Belastungen in dem Kalenderjahr, in dem sie verausgabt worden sind, steuerlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausgewirkt haben.

Aktuell ist diese Streitfrage nun vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 30/15 angekommen. Konkret muss der Bundesfinanzhof die Frage klären, ob im Wege einer Billigkeitsmaßnahme außergewöhnliche Belastungen für den behinderungsbedingten Umbau eines Hauses auf Antrag auch auf das Jahr der Verausgabung und die Folgejahre verteilt werden können. Betroffene sollten sich daher an das Musterverfahren anhängen, denn tatsächlich stehen die Chancen für eine positive Entscheidung der Richter des Bundesfinanzhofs nicht schlecht.

Der Grund für diesen Optimismus ist dabei sehr rational greifbar: Schon in der bereits oben zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 2009 hat dieser im Rahmen eines „obiter dictum“ die Verteilung von behinderungsbedingten Umbaukosten als außergewöhnliche Belastung für möglich erachtet. Wie gesagt, ist dies allerdings lediglich im Rahmen eines obiter dictum geschehen. So bezeichnet man eine Aussage des Gerichts, die für die eigentliche Streitfrage nicht relevant ist. Insoweit haben die obersten Finanzrichter der Republik schon in der Entscheidung aus 2009 quasi nebenbei erwähnt, dass eine Verteilung aus Billigkeitsgründen durchaus denkbar ist. Konkret hieß die seinerzeitige Entscheidung: „Der Senat hält es jedoch für denkbar, den Steuerpflichtigen im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen (§ 163 der Abgabenordnung) ein Recht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen, wenn – anders als im Streitfall – ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegensteht.“

Exkurs: Da nun derselbe Senat, der seinerseits bereits nebenbei erwähnte, dass eine Verteilung von außergewöhnlichen Belastungen möglich ist, die Streitfrage zu entscheiden hat, ist zu erwarten, dass diesmal der Bundesfinanzhof auch in der Hauptsache für eine Verteilung der Kosten für behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen plädieren wird.