Steuerbüro Bachmann

Für Anleger: Verluste aus der Veräußerung von wertlosen Wertpapieren

Verluste aus der Veräußerung von Wertpapieren sind regelmäßig negative Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Fiskus wäre jedoch nicht der Fiskus, wenn er sich nicht an der einen oder anderen Stelle auch Besonderheiten überlegt, dass entsprechende Verluste nicht steuermindernd berücksichtigungsfähig sind. In diesem Sinne hat das Bundesfinanzministerium in seinem Erlass vom 18.01.2016 in Rz. 59 festgelegt, dass eine Veräußerung nicht vorliegen soll, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt.

Dies ist regelmäßig der Fall, wenn Wertpapiere (nahezu) wertlos sind und die Position quasi nur verkauft wird, um das Depot zu bereinigen. Tatsächlich wird jedoch auch bei einem solchen Verkauf ein wirtschaftlicher Verlust erzielt, weshalb nicht einsehbar ist, warum bei (nahezu) wertlosen Wertpapieren keine steuerlich berücksichtigungsfähige Veräußerung vorliegen soll. Auch nennt die Finanzverwaltung keinerlei Gründe, warum eine solche Veräußerung nicht als steuerbeeinflussende Veräußerung gelten soll. Insgesamt ist die Regelung daher logisch nicht nachvollziehbar.

Erfreulicherweise sieht dies auch das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 26.10.2016 unter dem Aktenzeichen 2 K 12095/15 so. Deutlich stellen die erstinstanzlichen Richter klar, dass eine entgeltliche Veräußerung im Sinne der Einkünfte aus Kapitalvermögen auch dann vorliegt, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden. Insoweit sind die Transaktionskosten nicht als Minderung des Veräußerungspreises anzusehen.

Daraus folgt: Eine Veräußerung liegt entgegen der Meinung des Bundesfinanzministeriums im oben genannten Verwaltungserlass auch dann vor, wenn bei einer Aktienveräußerung der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt sich die Finanzverwaltung natürlich nicht mit dieser steuerzahlerfreundlichen (und nebenbei gesagt auch sehr logischen) Meinung des Niedersächsischen Finanzgerichts zufrieden, und ist in die Revision gezogen. Unter dem Aktenzeichen VIII R 32/16 müssen nun die obersten Finanzrichter der Republik klären, ob eine Veräußerung im Sinne der Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegt, wenn bei einer Veräußerung von Aktien der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt. Ebenso muss der Bundesfinanzhof klären, ob es sich in solchen Fällen um einen Gestaltungsmissbrauch handeln kann.

Exkurs: Für die Praxis hat die Streitfrage jedoch noch eine ganz andere Dimension. Trotz des anhängigen Verfahrens beim Bundesfinanzhof und trotz der positiven Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts sind Kreditinstitute an die Verwaltungsauffassung aus dem oben genannten Schreiben des Bundesfinanzministeriums gebunden.

Dies bedeutet: Die depotführende Bank wird einen entsprechenden Verlust, bei dem der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht überstiegen hat, weder bei der Abgeltungsteuer aus anderen Aktiengewinnen gegenrechnen, noch einen solchen Verlust in die auf Antrag zu erteilende Verlustbescheinigung übernehmen. Im Endeffekt hat der Steuerzahler daher überhaupt keinen Beleg in der Hand, dass ein entsprechender Verlust auch tatsächlich erlitten wurde.

Erfreulicherweise hat dies jedoch auch das Niedersächsische Finanzgericht in seiner sehr zu begrüßenden Entscheidung bedacht. Daher führen die Richter ausdrücklich aus, dass ein solcher Veräußerungsverlust auch ohne Bescheinigung des Kreditinstitutes im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden kann, wenn wegen der die Bank bindenden Verwaltungsauffassung kein nicht ausgeglichener Verlust bei der Abgeltungsteuer vorliegt und die Bescheinigung eines Verlustes durch den Steuerpflichtigen daher nicht erlangt werden kann.

 

Tipp: Betroffene Anleger sollten daher wie folgt vorgehen: Ausweislich der Kauf- und der Verkaufsabrechnung des Wertpapiers muss der Verlust selbst errechnet werden und manuell in der Einkommensteuerveranlagung angegeben werden. Verrechnet das Finanzamt bei dieser Vorgehensweise den Verlust nicht, muss gegen den erteilten Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt werden und sowohl auf das anhängige Musterverfahren beim Bundesfinanzhof sowie auf die positive Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichtes verwiesen werden. Da aus unserer Sicht die Chancen ganz gut stehen, dass auch der Bundesfinanzhof die nicht nachvollziehbare Meinung des Fiskus kassieren wird, kann man so noch in den Genuss der Verlustverrechnung gelangen.