In der Praxis sind zahlreiche Fälle denkbar, in denen ein Arbeitnehmer von seinem Chef einen Schadenersatz erhält. Insbesondere bei Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kommt es zu solchen Schadenersatzzahlungen. So regelt § 15 Abs. 1 AGG, dass der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet ist, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Lediglich wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, kommt es nicht zu einem entsprechenden Schadenersatz.
Wird eine entsprechende Schadenersatzzahlung auf Basis der Regelung des § 15 Abs. 1 AGG geleistet, stellt diese auch regelmäßig steuerpflichtigen und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn dar.
Dies muss jedoch nicht immer so sein: Darüber hinaus ist nämlich auch noch die Regelung des § 15 Abs. 2 AGG zu beachten, wonach der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, wenn es sich bei dem Schaden nicht um einen Vermögensschaden (also beispielsweise nicht um eine Abfindung für entgangenen Lohn) handelt. Man spricht bei diesen Schäden auch von sogenannten immateriellen Schäden. Gemeint sind dabei Zahlungen zum Beispiel wegen Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder Geschlecht, sexueller Belästigung oder Mobbing. Entsprechende Schadenersatzzahlungen besitzen im Unterschied zur vorherigen Regelung jedoch keinen Lohncharakter, weshalb sie lohnsteuerfrei sind und dann in der Folge auch nicht der Sozialversicherung unterliegen. In der Praxis ist daher regelmäßig sehr umstritten, was für eine Art Schadenersatz denn nun tatsächlich geleistet wurde, immerhin entscheidet dies über die Behandlung bei der Lohnsteuer und der Sozialversicherung. Um diesen Streit ging es auch in einem aktuellen Verfahren.
In dem Sachverhalt vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte eine Arbeitnehmerin auf eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund einer Behinderung geklagt. Im Gerichtsverfahren wurde schließlich ein Vergleich geschlossen, wonach der Arbeitgeber noch 10.000 Euro an die Mitarbeiterin zahlt. Das Finanzamt sah in dieser Schadenersatzzahlung lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn, den es natürlich versteuern wollte.
Ganz anders urteilte allerdings das erstinstanzliche Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 21.03.2017 unter dem Aktenzeichen 5 K 1594/14. Ausdrücklich entschieden die Richter aus Rheinland-Pfalz, dass eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, die aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs geleistet wird, steuerfrei ist, wenn sie wegen einer Diskriminierung aufgrund einer Behinderung zu zahlen ist.
Klar und deutlich heben die erstinstanzlichen Richter dabei hervor: Ist die Frage einer Diskriminierung aufgrund einer Behinderung wesentlicher Bestandteil des Arbeitsgerichtsprozesses, stellt eine in einem Vergleich vereinbarte Entschädigungszahlung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auch dann eine Zahlung wegen eines immateriellen Schadens (also eine lohnsteuerfreie Zahlung) dar, wenn letztlich offen bleibt, ob eine Benachteiligung aufgrund einer Behinderung tatsächlich stattgefunden hat.
Insoweit kann eine entsprechende Entschädigung auch dann steuerfrei (und in der Folge auch sozialversicherungsfrei) bleiben, wenn der Arbeitgeber die behauptete Benachteiligung bestreitet und sich lediglich zur Beendigung des Gerichtsprozesses zur Zahlung im Rahmen eines Vergleichs bereiterklärt hat.
Exkurs: | In der Praxis ist die Entscheidung dabei sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer von Vorteil. Der Ex-Mitarbeiter spart sich die Versteuerung und kann den Betrag des Schadenersatzes steuerfrei vereinnahmen. Der Arbeitgeber spart sich aber immerhin noch seinen Anteil der Sozialversicherung auf den Betrag. |