Umgekehrte Familienheimfahrten? Was soll das denn sein? Wer diesen Begriff zum ersten Mal hört, wird sich bestimmt diese Frage stellen. Dabei ist die Bedeutung der umgekehrten Familienheimfahrten schnell erklärt:
Wer als Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen eine doppelte Haushaltsführung betreibt, kann die Kosten der doppelten Haushaltsführung grundsätzlich steuermindernd als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzen. Dies ist allseits bekannt.
Zu diesen Kosten gehören einmal die Kosten der Unterkunft am Arbeitsort, aber auch die Kosten für eine wöchentliche Familienheimfahrt. In einem aktuellen Verfahren vor dem Finanzgericht Münster war nun strittig, wie denn Fahrten bzw. die Kosten dafür zu handhaben sind, wenn nicht der doppelt Haushaltsführende eine Familienheimfahrt antritt, sondern vielmehr der zuhause gebliebene (Ehe-)Partner den auswärts untergebrachten Arbeitnehmer am Wochenende besuchen kommt. Strittig war insoweit, ob die Fahrtkosten des Ehepartners für die Besuchsfahrten am Wochenende steuermindernd als Werbungskosten abgezogen werden können.
Die Entscheidung des Münsteraner Finanzgerichts vom 28.08.2013 unter dem Aktenzeichen 12 K 339/10 ist dabei durchweg positiv. Die Richter entschieden nämlich: Ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen seiner Beschäftigung an ständig wechselnden Arbeitsstellen im Ausland beschäftigt ist und der aus der betrieblichen Notwendigkeit auch an Wochenenden vor Ort bleiben muss, kann wöchentliche Fahrtkosten des Ehepartners an den Beschäftigungsort als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit steuermindernd ansetzen.
Insgesamt eine tolle und zu begrüßende Entscheidung! Man stelle sich nur vor: Der Ehepartner verursacht die Fahrtkosten, welche beim doppelt Haushaltsführenden steuermindernd als Werbungskosten angesetzt werden dürfen. Wohl gemerkt gilt dies jedoch nicht grundsätzlich. Denn die Richter stellen in ihrer Entscheidung deutlich darauf ab, dass der doppelt Haushaltsführende aus einer betrieblichen Notwendigkeit heraus nicht am Wochenende nachhause fahren kann. Grundvoraussetzung für den Abzug der Fahrtkosten des Ehepartners ist also, dass der doppelt Haushaltsführende selber keine Familienheimfahrten antreten kann und die Gründe für dieses Hindernis im Beruf zu finden sind.
Sofern also Familienheimfahrten nicht möglich sind, muss es zu den so genannten umgekehrten Familienheimfahrten kommen, welche dann auch steuermindernd berücksichtigt werden dürfen. Die Richter führen dazu ganz klar aus, dass die Besuchsfahrten zwar sowohl privat als auch beruflich veranlasst sind, jedoch die berufliche Veranlassung deutlich überwiegt, wenn eine Familienheimfahrt wegen dienstlicher Notwendigkeit nicht möglich gewesen ist.
Leider muss jedoch gesagt werden, dass das Finanzamt gegen die Entscheidung der Münsteraner Richter Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, nachdem die Revision zunächst nicht zugelassen worden ist. Aufgrund der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision mittlerweile beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 22/14 anhängig. Es bleibt also weiter abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof den Werbungskostenabzug für umgekehrte Familienheimfahrten auch zulässt, sofern aufgrund dienstlicher Notwendigkeit die übliche Familienheimfahrt nicht möglich ist.
Exkurs: | Abermals ist herauszustellen, dass die dienstliche Veranlassung der umgekehrten Familienheimfahrt bzw. die Gründe, warum keine normale Heimfahrt angetreten werden kann, von entscheidender Bedeutung sind. Ohne dienstliche Notwendigkeit wird das Urteil sicherlich anders ausfallen. So hatte nämlich bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung aus 2011 unter dem Aktenzeichen VI R 15/10 geurteilt: Tritt der doppelt haushaltsführende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht an, sind die Aufwendungen für die stattdessen durchgeführte Fahrt des anderen Ehegatten zum Beschäftigungsort keine Werbungskosten. Sofern der zuhause wohnende Ehegatte also nur zu Besuch kommt, um gegebenenfalls am Arbeitsort des doppelt Haushaltsführenden touristische Aktivitäten zu genießen, scheidet ein Werbungskostenabzug definitiv aus. Die berufliche Veranlassung der umgekehrten Familienheimfahrt wird daher das Zünglein an der Waage sein. Diese sollte tunlichst bereits von den Steuerpflichtigen dargelegt und nachgewiesen werden. |