Spricht man vom einheitlichen Vertragswerk oder dem einheitlichen Erwerbsgegenstand, geht es regelmäßig um die Höhe der Grunderwerbsteuer. Sofern nämlich ein einheitlicher Erwerbsgegenstand gegeben ist, gehören zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht nur die Anschaffungskosten des Grundstücks. Auch die Baukosten des zu errichtenden Gebäudes kosten dann Grunderwerbsteuer.
Typische Fälle des einheitlichen Erwerbsgegenstandes sind sogenannte Bauträgerfälle, bei denen Privatpersonen vom Bauträger nicht nur den Grund und Boden erwerben, sondern im Anschluss auch ein vorgeplantes Gebäude auf diesem Grundstück errichtet wird. Werden insoweit sowohl der Grundstückskauf als auch die Bebauung in einem Vertrag geregelt, gehört beides zum einheitlichen Erwerbsgegenstand und beides ist grunderwerbsteuerpflichtig.
Sofern über den Erwerb des Grund und Bodens und die anschließende Bebauung getrennte Verträge abgeschlossen werden, wird es unter Umständen komplizierter. Denn tatsächlich führt die Trennung der Verträge nicht automatisch zum Ausschluss der Grunderwerbsteuer auf die Bebauungskosten. Vielmehr muss weitergehend geprüft werden, ob die getrennten Vereinbarungen miteinander verknüpft sind. Die Verträge können dabei juristisch verbunden sein oder nach den besonderen grunderwerbsteuerrechtlichen Grundsätzen als Einheit zu behandeln sein, weil auf der Veräußererseite zum Beispiel eine abgestimmt handelnde Personengruppe auftritt.
Selbstverständlich ist der Fiskus sehr daran interessiert, regelmäßig einen einheitlichen Erwerbsgegenstand zu erkennen, um dementsprechend die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (und damit auch direkt die Grunderwerbsteuer selbst) zu erhöhen. Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof jedoch in einer Entscheidung vom 08.03.2017 unter dem Aktenzeichen II R 38/14 entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und auch entgegen der Meinung der Vorinstanz einen einheitlichen Erwerbsgegenstand verneint, wenn es nach Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück zu einer wesentlichen Änderung des ursprünglich angenommenen Generalvertrags kommt.
Insoweit führen die Richter aus: Beruht der Vertrag zur Bebauung eines Grundstücks auf einem Angebot der Veräußererseite, das nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags geändert wurde, ist dies ein Indiz für eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Angebot und damit zugleich gegen das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, wenn sich dadurch die Flächengröße und/oder die Baukosten um mehr als 10 Prozent verändern.
Auch die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes kann als Indiz für eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Angebot zu werten sein. Ist das zusätzliche Bauwerk derart prägend oder maßgebend für das gesamte Bauvorhaben, dass sich dadurch der Charakter der Baumaßnahme ändert, kann allein aufgrund des zusätzlichen Bauwerks eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Angebots vorliegen, selbst wenn durch das zusätzliche Gebäude die 10 Prozent-Grenze für die Fläche und die Baukosten nicht überschritten wird. Bereits in diesen Fällen würde die Grunderwerbsteuer also nicht mehr auf die Baukosten erhoben werden können.
Daher gilt: Ändert sich die ursprünglich angebotene Baumaßnahme nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags durch zusätzliche Bauten wesentlich, ist insgesamt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand zu verneinen, und zwar unabhängig davon, ob daneben die weiteren, im ursprünglichen Angebot bereits enthaltenen Gebäude im Wesentlichen wie geplant errichtet werden.
Im Endeffekt ist diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs deutlich hervorzuheben, da sie die Rechte der Bauherren erheblich stärkt und zeigt, dass nicht immer ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliegt, auch wenn schon im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag über die Bebauung besprochen wird.