Steuerbüro Bachmann

Für behinderte Menschen: Zur Fortgeltung des Schwerbehindertenausweises

Wird bei einem behinderten Menschen der Grad der Behinderung von 80 oder mehr auf weniger als 50 herabgesetzt, ist dies einkommensteuerrechtlich ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen. Dies bedeutet auch, dass sämtliche Steuerbegünstigung ab dem Bescheid genannten Zeitpunkt nicht mehr wie im vorherigen Maße in Anspruch genommen werden können. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung können daher nicht mehr mit den tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, wie es die Vereinfachungsregelungen des § 9 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes vorsieht.

Man sollte meinen, dass dieses Ergebnis logisch ist und nicht extra entschieden werden muss. Dennoch ist die Sache nicht so einfach, wie sie scheint. Grund für den Streit ist die Regelung des § 116 Absatz 1 des fünften Sozialgesetzbuches, wonach die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen auch über einen bestimmten Zeitpunkt nach der Änderung des Behindertengrades im Schwerbehindertenausweis hinaus angewendet werden dürfen.

Der Bundesfinanzhof stellt in Bezug auf diese Regelung jedoch klar, dass es keiner grundsätzlichen Klärung bedarf, dass die Regelung des § 116 Abs. 1 des fünften Sozialgesetzbuches nicht im Steuerrecht anzuwenden ist. Insoweit stellt die Möglichkeit des § 9 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes, wonach behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung mindestens 60% beträgt, anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erste Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen können, keine Schutzvorschrift für Schwerbehinderte bzw. eine besondere Regelung für schwerbehinderte Menschen dar.

In diesem Sinne hat auch bereits der Bundesfinanzhof am 22.09.1989 unter dem Aktenzeichen III R 167/86 entschieden, wo er urteilte, dass die Fortgeltung des Schwerbehindertenausweises bis zum bestandskräftigen Abschluss eines den Grad der Behinderung herabsetzenden Neufeststellungsverfahrens nicht einer einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des herabgesetzten Grades der Behinderung auf den Neufeststellungszeitpunkt nach Eintritt der Bestandskraft entgegen steht. Auch hier erkannten die obersten Finanzrichter der Republik in den sozialgesetzgeberischen Regelungen leider keine Schutzvorschrift für das Steuerrecht. Der aktuelle Beschluss des BFH vom 11.03.2014 unter dem Aktenzeichen VI B 95/13 ist insoweit lediglich klarstellend zu verstehen.

Exkurs: Auch wenn die Fortgeltung des Schwerbehindertenausweises nach einer Herabsetzung des Grades der Behinderung aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen sicherlich sinnvoll erscheint, muss doch klargestellt werden, dass darüber hinaus entsprechende steuerliche Begünstigungen ungerecht wären, wenn der entsprechende Grad der Behinderung nicht mehr gegeben ist. Insoweit ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs leider negativ, muss jedoch von der Sache her als richtig eingeordnet werden.