Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird bei Anordnung der Eigenverwaltung durch das Insolvenzgericht anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt. Der Sachwalter hat dann insbesondere die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und unter anderem die Geschäftsführung sowie die Ausgaben der Gesellschaft zu überwachen.
In einem vor dem Finanzgericht Münster entschiedenen Sachverhalt hatte der Geschäftsführer einer GmbH für seine Gesellschaft den Insolvenzantrag gestellt. Da Eigenverwaltung angeordnet wurde, bestellte das Insolvenzgericht einen Sachwalter und verfügte, dass Zahlungen von Steuern sowie Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nur mit Zustimmung des Sachwalters geleistet werden dürfen.
Gerade im Insolvenzverfahren ist es jedoch so, dass der Geschäftsführer aufgrund der Regelung des § 69 der Abgabenordnung (AO) in Haftung genommen werden kann, wenn er Steuern der GmbH nicht zahlt und die Forderungen anderer Gläubiger der GmbH in einem höheren Umfang bedient als die Steuerforderungen. So war es auch in dem aktuell entschiedenen Sachverhalt des Finanzgerichts Münster. Allerdings hatte der Sachwalter hier erklärt, dass er Zahlungen von Steuern und Sozialversicherungsabgaben ausdrücklich nicht zustimmt. Insoweit war es dem GmbH-Geschäftsführer verwehrt, entsprechende Steuerschulden zu begleichen.
Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster entschied insoweit folgerichtig mit Urteil vom 03.04.2017 unter dem Aktenzeichen 7 V 492/17, dass dem Geschäftsführer einer insolventen GmbH kein grobes Verschulden für die Nichtabführung von Lohnsteuer vorzuwerfen ist, wenn das Insolvenzgericht angeordnet hat, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden dürfen und der Sachwalter die Zustimmung zur Abführung der Lohnsteuer ausdrücklich versagt hat.
Da es insoweit nicht mehr in der Macht des Geschäftsführers lag, die Steuerzahlungen zu entrichten, kann er nach der Meinung der Münsteraner Richter auch nicht in Haftung genommen werden. Dies gilt unabhängig von der in der insolvenzrechtlichen Rechtsprechung umstritten Frage, ob die Anordnung eines solchen Zustimmungsvorbehalts im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung überhaupt zulässig ist oder nicht.