Steuerbüro Bachmann

Für Kapitalanleger: Zur Behandlung von Verlusten aus verfallenen Optionsscheinen

Wer mit Optionsscheinen handelt, erleidet beim Verfall des Optionsscheins einen Verlust. Dies ist unstrittig, denn der Kapitalanleger hat für den Erhalt des Optionsscheins Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten gezahlt, die mit dessen Verfall verloren sind.

Ebenso gilt: Sofern sich der Optionsschein im Sinne des Kapitalanlegers entwickelt und nicht verfällt, hätte dieser den Optionsschein entweder gewinnbringend verkauft oder er hätte einen entsprechenden Differenzausgleich zum Laufzeitende als Gewinn eingestrichen.

Sowohl der Verkaufserlös als auch der entsprechende Differenzausgleich wären gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtig. Schließlich möchte der Fiskus von Gewinnen immer seinen Anteil abhaben. Wie sich ein entsprechender steuerpflichtiger Gewinn ermittelt, regelt dabei die Vorschrift des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG. Darin heißt es: „Gewinn beim Termingeschäft ist der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.“ Betrachtet man dieses Gesetzeszitat in rein logischer Denkweise, muss man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass in Ermangelung eines Differenzausgleiches oder eines irgendwie gearteten Vorteils für den Kapitalanleger immer noch die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Termingeschäft steuermindernd berücksichtigt werden können. Mit anderen Worten: Auch wenn kein Verkaufserlös oder eine wie auch immer sonst entstandene Einnahme vorhanden ist, können die mit dem Optionsschein zusammenhängenden Kosten in Form der Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten steuermindernd abgezogen werden.

Diese Logik herrscht jedoch leider beim Fiskus nicht vor. Die Finanzverwaltung möchte nämlich solche Verluste nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen anerkennen und verweist dabei auf eine entsprechende Ausführung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 27.03.2013. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Fiskus begründet eine Vorgehensweise, die eigentlich gegen den Wortlaut des Gesetzes verstößt, mit einer Verwaltungsanweisung. Dass diese jedoch nicht bindend ist und vor allem das Gesetz nicht aushebeln kann, musste ein Finanzgericht aktuell wieder hervorheben.

Mit Urteil vom 27.06.2014 (Az: 1 K 3740/13 E) entschied nämlich das erstinstanzliche Finanzgericht in Düsseldorf, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sehr wohl Verluste aus verfallenen Optionsscheinen steuermindernd berücksichtigt werden können. Tatsächlich erkennen auch die Richter, dass das Einkommensteuergesetz von Termingeschäften spricht und nicht wortwörtlich Optionsscheine erwähnt. Der Begriff des Termingeschäftes ist jedoch im Einkommensteuergesetz nicht definiert. Nach der Gesetzesbegründung umfasst der Begriff des Termingeschäftes zahlreiche Finanzinstrumente. Dabei ist es vollkommen ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist und ob es an einer amtlichen Börse abgeschlossen wird. Vielmehr ist das entscheidende Kennzeichen für ein Termingeschäft ein zeitliches Auseinanderfallen von schuldrechtlicher Begründung des Geschäfts und seiner Erfüllung bzw. Beendigung. Nach den Maßstäben liegen, nach Meinung des erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichts Düsseldorf, mit dem Erwerb von Optionsscheinen die notwendigen Voraussetzungen für die schuldrechtliche Begründung eines Termingeschäfts im Sinne der Einkommensteuerregelung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vor.

Insoweit ist schon einmal geklärt, dass der Erwerb von Optionsscheinen im einkommensteuerrechtlichen Sinne als Termingeschäft bezeichnet werden kann.

Weiterhin stellen die Richter klar, dass, wenn der Kläger einen Gewinn bei einem Termingeschäft im Sinne der Vorschrift erzielt hätte, dieser zweifellos bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu versteuern gewesen wäre. Dementsprechend kommen die Richter auch zu dem Schluss, dass auch das Verfallenlassen der erworbenen Optionsscheine auch ohne das Erlangen eines Differenzausgleichs als steuerpflichtiger Beendigungstatbestand im Sinne der Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten muss. Insoweit können die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten der Optionsscheine steuermindernd als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

Exkurs: Leider hat sich die Finanzverwaltung mit dieser positiven Entscheidung nicht zufriedengegeben. Unter dem Aktenzeichen VIII R 31/14 muss nun der Bundesfinanzhof in München klären, ob Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten von Optionsscheinen, die der Inhaber der Option am Ende der Laufzeit verfallen lässt, tatsächlich als Verlust im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.

 

Tipp: Alles in allem ist es sehr wahrscheinlich, dass der Bundesfinanzhof hier eine Entscheidung im Sinne der Steuerpflichtigen sowie auf der Linie des erstinstanzlichen Urteils trifft und entsprechende Verluste (welche übrigens auch tatsächlich erlitten wurden) zur steuermindernden Verrechnung zulässt. Es bleibt insoweit zu hoffen, dass die alten Zöpfe der Finanzverwaltung hier abgeschnitten werden. Nach wie vor kann ein Verwaltungserlass nicht den Gesetzeswortlaut aushebeln. Betroffenen sei daher dringend geraten, die entsprechende Steuerfestsetzung offen zu halten und auf das anhängige Musterverfahren zu verweisen.