Die Abfärberegelung ist nichts, was ausschließlich in Malereibetrieben vorkommen kann. Vielmehr bedeutet Abfärberegelung, dass an sich freiberufliche Einkünfte zu solchen aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden. Insoweit färben die gewerblichen Einkünfte also auf die ansonsten vorhandenen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit ab. Diese Abfärberegelung trifft zwar nicht Einzelunternehmen, ist jedoch im Rahmen der Personengesellschaften einschlägig. Der Grund dafür: Nach § 15 Abs. 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt nämlich die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft als im vollem Umfang gewerblich, wenn die Gesellschaft auch nur einen Teil gewerbliche Einkünfte realisiert.
Mit mehreren Entscheidung vom 27.08.2014 hat der Bundesfinanzhof in München unter den Aktenzeichen VIII R 6/12, VIII R 16/11 und VIII R 41/11 nun jedoch eine so genannte Bagatellgrenze für die Nichtanwendung dieser Abfärberegelung getroffen.
Insgesamt müssen aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung nun zwei Grenzen beachtet werden, die beide kumulativ vorliegen müssen. So hat der Bundesfinanzhof eine gewerbliche Abfärbung ausgeschlossen, wenn die gewerblichen Umsätze so gering sind, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schon eine Abfärbung der ansonsten selbstständigen Einkünfte ausschließt.
Wann dies der Fall ist hat der Bundesfinanzhof typisierend mit 3 % des Gesamtumsatzes festgelegt. Dies bedeutet auf der ersten Stufe: Übersteigen die gewerblichen Umsätze einer Personengesellschaft nicht 3 % der gesamten Einkünfte, dann ist der gewerbliche Anteil von so untergeordnete Bedeutung, dass die Abfärberegelung nicht greift. Zu prüfen sind dabei die Nettoumsätze, damit das Verhältnis der Umsätze bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen nicht durch die Steuer verfälscht wird.
Neben dieser prozentualen Grenze muss jedoch auf der zweiten Prüfstufe auch noch eine absolute Grenze beachtet werden: In Anlehnung an den Gewerbesteuerfreibetrag darf daher der 3-prozentige gewerbliche Umsatzanteil in absoluten Zahlen nicht mehr als 24.500 Euro betragen. Die obersten Richter in München sahen auch eine solche absolute Grenze als notwendig, da ansonsten Personengesellschaften mit einem hohen Anteil von freiberuflichen Umsätzen auch direkt in größerem Umfang gewerblich tätig sein könnten. Zudem sieht der BFH durch diese Regelung keinen Ausfall von Gewerbesteuer, denn wenn allein für die gewerblichen Umsätze von unter 24.500 Euro eine gesonderte Personengesellschaft gegründet worden wäre, würde insoweit auch keine Gewerbesteuer entstehen, weil der Betrag dem geltenden Gewerbesteuerfreibetrag entspricht.
Aufgestellt hat der Bundesfinanzhof diese Grundsätze anhand von drei Mustersachverhalten, bei denen es um folgendes ging:
Unter dem Aktenzeichen VIII R 6/12 ging es um eine Rechtsanwalts-GbR, die insoweit gewerblich tätig war, als dass ein angestellter Rechtsanwalt eigenverantwortlich tätig wurde. Da diese Umsätze des angestellten Rechtsanwaltes jedoch weder 3 % der gesamten Nettoumsätze, noch mehr als 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum betrugen, wendete der Bundesfinanzhof die Abfärberegelung nicht an.
Ebenso war es im Falle einer in der Rechtsform einer GbR auftretenden Gesangsgruppe, die grundsätzlich künstlerische Einkünfte realisiert. Zudem wurden allerdings auch noch Fanartikel verkauft. Da jedoch insoweit weder die prozentuale noch die absolute Grenze gerissen wurde, ordnete der Bundesfinanzhof auch hier sämtliche Einkünfte der künstlerisch tätigen GbR den Einkünften aus selbständigen Tätigkeit zu (Az: VIII R 16/11).
Ähnlich sah es auch unter dem Aktenzeichen VIII R 41/11 aus, wo eine Werbeagentur-GbR mit selbstständigen Einkünften darüber hinaus auch noch eine gewerbliche Vermittlung von Druckaufträgen in geringem Umfang durchführte.
Die drei Urteilsfälle zeigen, dass die Bagatellgrenze zur Abfärberegelung in der Praxis einen hohen Stellenwert haben wird, da eine gewerbliche Abfärbung grundsätzlich in zahlreichen Unternehmen mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit drohen kann. Insgesamt ist das Urteil sehr zu begrüßen, da dadurch auch ein großes Stück Rechtssicherheit geschaffen wurde.