Das Arbeitszimmer ist seit ewiger Zeit als permanenter Streitpunkt in der Rechtsprechung vertreten. Die Grundregeln im Gesetz scheinen dabei jedoch eigentlich einfach. Grundsätzlich gilt nämlich für die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer:
- Die Kosten dürfen nicht steuerlich geltend gemacht werden. Soweit der Grundsatz, von dem es aber Ausnahmen gibt.
- So gilt etwas anderes dann, wenn der Steuerpflichtige keinen anderen Arbeitsplatz als sein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung hat. In diesen Fällen dürfen bis zu 1.250 Euro der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer steuermindernd angesetzt werden.
- Lediglich wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bildet, können die Kosten komplett steuermindernd angesetzt werden. Gerade dies wird jedoch insbesondere bei Selbstständigen durch den Fiskus meist verneint.
So würde der Fiskus zum Beispiel im Falle eines Ein-Mann-Malerbetriebes mit häuslichem Arbeitszimmer urteilen, dass der Mittelpunkt dieser Tätigkeit draußen beim Kunden stattfindet. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Maler sämtlicher Auftragsabwicklung, die Angebote, die Rechnungsschreibung und auch die Planungsleistungen von seinem häuslichen Arbeitszimmer erledigen würde. Auch dann würde der Fiskus nur den begrenzten Abzug der Arbeitszimmerkosten bis 1.250 Euro gewähren. Aktuell gibt es jedoch zwei erstinstanzliche Entscheidungen, die hoffen lassen, dass sich an dieser restriktiven Meinung etwas ändern könnte.
So hat das Finanzgericht Baden-Württemberg am 04.03.2015 unter dem Aktenzeichen 6 K 610/14 entschieden, dass ein Dirigent und Orchestermanager die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer sehr wohl unbegrenzt abziehen darf.
Der Grund für diese positive Entscheidung: Die erstinstanzlichen Richter sind der Ansicht, dass im häuslichen Arbeitszimmer der qualitative Schwerpunkt der Betätigung liegt. Der Dirigent und Orchestermanager erledigte aus seinem häuslichen Arbeitszimmer heraus nicht nur die Koordination der Auftritte und Proben. Vielmehr habe er sich dort auch um Sponsorengelder gekümmert, die Öffentlichkeitsarbeit erledigt und nicht zuletzt Partituren einstudiert oder sich Audioaufnahmen im Rahmen seiner Tätigkeit angehört. Dies alles erkannten die erstinstanzlichen Richter für qualitativ so hochwertig, dass die eigentliche Dirigententätigkeit im Konzertsaal in den Hintergrund tritt.
Ein vergleichbares Urteil hat nur einen Tag später am 05.03.2015 das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 5 K 980/12 gefällt. In diesem Urteilssachverhalt ging es um einen Handelsvertreter, der im Wesentlichen für drei Auftraggeber Kundengeschäfte vermittelt. Tatsächlich nimmt man zwar grundsätzlich an, dass ein Handelsvertreter immer unterwegs ist. Er erledigt jedoch auch eine Menge in seinem Arbeitszimmer, wie die folge Auflistung zeigt: Von seinem häuslichen Arbeitszimmer aus führte er weitere Kundenakquisen durch, überwachte die Lieferungen und bearbeitete Reklamationen. Ferner bereitete er Geschäftsessen und Messeauftritte vor und wickelte die gesamte Auftragslage sowie den gesamten Papierkram seines Unternehmens aus dem häuslichen Arbeitszimmer ab.
Im Schätzungswege wurde ermittelt, dass im heimischen Büro etwa 50 % der gesamten Arbeitszeit stattfindet.
Auch hier wollte der Fiskus den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer mit maximal 1.250 Euro zulassen, weil der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer erkannt wurde.
Und auch hier entschieden die erstinstanzlichen Richter jedoch erfreulicherweise gegen den Fiskus und erkannten, dass die Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer in qualitativer Hinsicht gegenüber der Präsenz beim Kunden deutlich höher anzusiedeln sind, weshalb auch in diesem Fall der komplette Kostenabzug zugelassen wurde.
Exkurs: | Das letzte Wort wird hier sicherlich noch der Bundesfinanzhof haben, auch wenn derzeit keine Revisions-Aktenzeichen bekannt sind. Trotz allem zeigen die vorgenannten Entscheidungen jedoch bereits jetzt, dass eine konkrete Beschreibung und Dokumentation der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer unabdingbar ist um darzulegen, dass dort der qualitative Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung stattfindet. |