Schon seit geraumer Zeit schwelt zwischen den betroffenen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung ein Kampf um die Absetzbarkeit von Ausbildungskosten. Aktuell hat der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang ein neues (leider nicht zu begrüßendes) Urteil vom Stapel gelassen. An dieser Stelle liefern wir Ihnen daher einen aktuellen Überblick über die Chronologie der Ereignisse und beantworten die Frage, wer was wie absetzen darf.
Zum historischen Hintergrund: Schon 2006 hat der BFH unter dem Aktenzeichen VI R 26/05 entschieden, dass vorab entstandene Werbungskosten auch bei einem im Anschluss an das Abitur durchgeführten Hochschulstudium anzuerkennen sein können.
Damit wurde den Studierenden die Möglichkeit eröffnet, ihre Studienkosten (z. B. die Studiengebühren oder Aufwendungen für Fachliteratur, Arbeitsmittel usw.) als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusetzen.
Sofern im entsprechenden Jahr der Verausgabung keine Einkünfte vorhanden waren, konnten diese mittels Verlustvortrag vorgetragen werden und in dem Jahr, in dem zum ersten Mal Einkünfte vorhanden sind, steuermindernd verrechnet werden. In zahlreichen Einzelfällen war dies ein lohnendes Unterfangen.
Die Finanzverwaltung hingegen stellte sich auf den Standpunkt, dass Berufsausbildungskosten grundsätzlich privater Natur und daher nicht abzugsfähig sind. In 2011 hat der Bundesfinanzhof jedoch die Finanzverwaltung diesbezüglich in mehreren Urteilen eines Besseren belehrt. So wurde am 28.07.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 38/10 geurteilt: „Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung können auch (…) als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein.“
Die Urteile unter den Aktenzeichen VI R 7/10 sowie VI R 5/10 gehen in dieselbe Richtung. Selbst die Möglichkeit, dass die Berufstätigkeit später im Ausland ausgeübt werden könnte, begründet laut Bundesfinanzhof noch keinen Grund, einen vorweggenommenen Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug nicht zuzulassen. Wer seinerzeit geglaubt hat, damit sei jetzt alles klar, sollte sich geirrt haben.
Da die Rechtsprechung der Finanzverwaltung nach wie vor ein Dorn im Auge war, wurde diese schlichtweg mittels Nichtanwendungsgesetz ausgehebelt. Aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie wurde geregelt: Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
Als Ergebnis dieser Gesetzesänderung können Auszubildende im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses nach wie vor die Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben ansetzen. Auch Steuerpflichtige, die sich in einer Zweitausbildung bzw. einem Zweitstudium befinden, haben die Möglichkeit zum Ansatz von vorweggenommenen Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Wer sich jedoch in einem Erststudium befindet, welches nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (wie es der Regelfall ist), kann keine vorweggenommenen Werbungskosten oder Betriebsausgaben mehr ansetzen. Ein Großteil der Studierenden geht daher steuerlich leer aus.
Gegen diese Gesetzesänderung regt sich heftiger Widerstand, zumal die Regelung rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gelten sollte. Eine Klage vor einem erstinstanzlichen Finanzgericht und dem folgend eine Anhängigkeit vor dem Bundesfinanzhof in München war daher nur eine Frage der Zeit.
Erstaunlich schnell liegt nun bereits das erste Urteil des Bundesfinanzhofs aus München vor. Unter dem Aktenzeichen VIII R 22/12 urteilten die obersten Finanzrichter der Republik, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für sein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt und das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat, keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit (oder vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit) sein können. Mit dieser Aussage verwarfen die Richter in erster Linie schon einmal den angeprangerten Verfassungsverstoß, weil die Nichtabzugsfähigkeit eines Studiums gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen sollte. Der Kern der Gesetzesänderung ist damit nicht mehr zu beanstanden.
Das war aber noch nicht alles. Leider gingen die Richter auch noch einen Schritt weiter. Konkret sahen sie auch die bereits für die Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwendende gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtliniengesetz als verfassungsgemäß an. Wieder erkannten sie weder eine unzulässige verfassungsrechtliche Rückwirkung, noch einen ansonsten gearteten Verstoß gegen das Grundgesetz.
Im Ergebnis muss daher festgehalten werden, dass ausweislich des aktuell vorliegenden Urteils des Bundesfinanzhofes folgende Abzugsmöglichkeiten gegeben sind:
Kosten für ein Erststudium können nur als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben angesetzt werden, wenn sich das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses abspielt. Ist dies nicht der Fall, ist ein Abzug als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben nicht möglich.
Zu erwähnen ist dabei, dass ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses häufig bei Bundeswehrsoldaten oder auch Auszubildenden der Finanzverwaltung vorkommt.
Kosten für ein Erststudium, welches nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, können daher nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Die Möglichkeit zum Sonderausgabenabzug ist jedoch deutlich ungünstiger. Einmal ist ein Höchstbetrag von 6.000 EUR im Kalenderjahr zu beachten, zum anderen ist eine Vortragsmöglichkeit auf zukünftige Kalenderjahre nicht möglich. Insbesondere die fehlende Vortragsmöglichkeit ist ein erheblicher Nachteil. Mangels Einkünften wirken sich nämlich bei vielen Studenten die angesetzten Sonderausgaben nicht aus. Insoweit haben die Studierenden zwar dann die Möglichkeit, dem Grunde nach entsprechende Aufwendungen für ein Erststudium anzusetzen, der Höhe nach verpuffen diese jedoch und führen nicht zu einer Steuerminderung.
Wohl gemerkt gelten die vorgenannten Grundsätze jedoch nur für das Erststudium: Aufwendungen für ein Zweitstudium können grundsätzlich als vorweggenommene Werbungskosten oder auch vorweggenommene Betriebsausgaben steuermindernd angesetzt werden. Insbesondere der Masterstudiengang ist dabei als Zweitstudium anzusehen, weil dieser auf den Bachelorstudiengang folgt.
Exkurs: | Auch wenn die vorgenannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs negativ ist, ist abzuwarten, ob nicht doch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit der Streitfrage beauftragt wird. Zum Redaktionsschluss war ein solches Verfahren jedoch nicht ersichtlich, auch wenn es seitens des Autors für wahrscheinlich gehalten wird. Betroffene sollten daher etwaige Einsprüche nicht vorschnell zurücknehmen. |