Wer als Unternehmer seinen Gewinn im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes ermittelt, muss bei der Gewinnermittlung auch die Umsatzsteuer und die Vorsteuer gewinnwirksam behandeln. Im Einzelnen bedeutet dies: Die erhaltene Umsatzsteuer, die Bestandteil der Ausgangsrechnung ist, erhöht auch den Gewinn. Ebenso werden etwaige Umsatzsteuererstattungen seitens des Finanzamtes gewinnerhöhend verbucht. Auf der anderen Seite gilt: Die Vorsteuer in den Eingangsrechnungen und auch die Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt wirken gewinnmindernd.
Gerade bei kleineren Unternehmern oder solchen, die ihr Unternehmen nur nebenberuflich betreiben, kommt es häufig vor, dass die unterjährigen Umsatzsteuerzahlungen aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldungen bei Anfertigung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung vergessen werden. Dies geschieht insbesondere sehr schnell, wenn die Steuerzahlungen beispielsweise von einem anderen Konto abgebucht werden. Ist dies erst einmal passiert bzw. wird der Fehler erst später entdeckt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Einkommensteuerbescheid aus verfahrensrechtlicher Sicht noch änderbar ist.
Man muss sich also auf die Suche nach einer verfahrensrechtlichen Änderungsnorm begeben. Infrage kommt in diesem Zusammenhang insbesondere die Änderungsmöglichkeit nach § 129 der Abgabenordnung, weil insoweit eine offenbare Unrichtigkeit gegeben sein könnte.
In solchen Fällen gilt nämlich, dass die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen kann. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Steuerpflichtige den Fehler begangen hat, also beispielsweise vergessen hat, seine Umsatzsteuerzahlung als Betriebsausgabe anzusetzen, das Finanzamt dies aber hätte erkennen müssen. In solchen Sachverhalten hat sich das Finanzamt den Fehler des Steuerpflichtigen zu Eigen gemacht, weshalb er unter dem Strich als Fehler des Fiskus gewertet wird.
Für Unternehmer, die bisher vergaßen, ihre Umsatzsteuerzahlung als Betriebsausgaben anzusetzen, hatte der Fiskus jedoch wenig Mitleid. Regelmäßig stellte sich die Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt, dass eine offenbare Unrichtigkeit bei Nichtansatz der Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgabe nicht gegeben ist. Für die Praxis bedeutet dies: Ohne offenbare Unrichtigkeit fehlte es in vielen Fällen auch an der verfahrensrechtlichen Korrekturvorschrift.
Mittlerweile ist diese Auffassung jedoch überholt: Mit der Entscheidung vom 27.08.2013 (Az: VIII R 9/11) haben die obersten Finanzrichter der Republik in ähnlich gelagerten Fällen eine offenbare Unrichtigkeit erkannt. Mehr als deutlich urteilten sie: Übersieht das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung, dass der Steuerpflichtige in seiner vorgelegten Gewinnermittlung die bei der Umsatzsteuererklärung für denselben Veranlagungszeitraum erklärten und im Umsatzsteuerbescheid erklärungsgemäß berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgabe erfasst hat, liegt insoweit eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit nach § 129 der Abgabenordnung vor.
In zumindest ähnlichem Sinne hatte der Bundesfinanzhof bereits im Jahre 2007 entschieden. In dem damaligen Urteil vom 14.06.2007 (Az: IX R 2/07) erklärten die Richter die Änderungsmöglichkeit der offenbaren Unrichtigkeiten auch dann für anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen übernimmt. Konkret ging es damals um einen Fall, in dem der Steuerpflichtige Vorsteuerbeträge nicht steuermindernd im Bereich der Einkommensteuer angesetzt hatte, obwohl diese Beträge aus der Umsatzsteuererklärung ersichtlich gewesen waren.
Aufgrund der erfreulichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes besteht in ähnlich gelagerten Fällen zukünftig die Änderungsmöglichkeit, d.h. die Möglichkeit zur Steuerminderung bei der Ertragssteuer mittels nachträglicher Berücksichtigung als Betriebsausgabe.