Anschaffungsnahe Herstellungskosten sind schon an sich tückisch. Ein aktuelles Verfahren vor dem Bundesfinanzhof in München zeigt jedoch, dass noch sehr viel mehr dahinter stecken kann.
Zunächst aber zur Definition der anschaffungsnahen Herstellungskosten: Ausweislich der Regelung im Einkommensteuergesetz liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten immer dann vor, wenn Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden, mehr als 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes betragen. Betrachtet werden dabei die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer.
Wird diese 15%-Grenze gerissen, gehören die eigentlichen Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu den Herstellungskosten des Gebäudes, auch wenn dieses tatsächlich schon vor etlichen Jahrzehnten fertiggestellt wurde.
Jeder Immobilieninvestor sollte daher darauf achten, dass er innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung eines Vermietungsobjektes mit den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen die Grenze von 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes nicht reißt, da er ansonsten den entsprechenden Erhaltungsaufwand nicht mehr sofort abziehen darf. Es bleibt dann nur noch der steuermindernde Abzug über die Gebäudeabschreibung (von in der Regel 50 Jahren!). Der steuerliche Vorteil der Berücksichtigung entsprechender Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen als Erhaltungsaufwand liegt daher auf der Hand: Eine steuermindernde Berücksichtigung kann sofort erfolgen und wird nicht in wahrscheinlich progressionsbedingt kaum merkliche Beträge auf 50 Jahre gestreckt.
Was alles in die 15%-Grenze einzurechnen ist, ist in der Praxis häufig strittig. Das Gesetz sagt lediglich, dass Aufwendungen für Erweiterungen sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht einzurechnen sind.
Tatsächlich kann jedoch in der Praxis noch eine Vielzahl von weiteren Problemen auftreten. So auch in dem aktuellen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 25/14. Geklärt werden muss hier, ob Aufwendungen, die aus anderen Gründen bereits als Herstellungskosten im Sinne des § 255 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu klassifizieren sind, in die 15%-Grenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen sind.
Wer meint, in dieser Frage einen Widerspruch zum Gesetzestext zu sehen, der irrt. Zwar sagt das Gesetz, dass Aufwendungen für Erweiterungen, welche auch zu den Herstellungskosten gehören, nicht in die Grenze einzubeziehen sind. Das Gesetz sagt jedoch nicht, dass alle als Herstellungskosten definierten Aufwendungen außen vor bleiben.
Sofern nämlich Aufwendungen getätigt werden, die zu einem sogenannten Standardsprung führen, werden nach dem Willen der Finanzverwaltung auch tatsächliche Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen in Herstellungskosten umqualifiziert. Einen solchen Sachverhalt müssen nun die Münchener Richter vor dem Bundesfinanzhof aburteilen.
Exkurs:
Aufgrund des Gesetzestextes ist es in der Tat nicht ausgeschlossen, dass Herstellungskosten aufgrund eines Standardsprungs, also eigentlich Erhaltungsaufwendungen, die erst aufgrund der steuerlichen Regelungen zu Herstellungskosten umqualifiziert werden, tatsächlich noch in die 15%-Grenze einzurechnen sind. Soweit der Gesetzestext. Auch wenn dies aufgrund der wortwörtlichen Auslegung des Gesetzestextes möglich ist, muss jedoch hervorgehoben werden, dass es nicht sonderlich logisch erscheint. Immerhin wurde die Ermittlung der anschaffungsnahen Herstellungskosten geschaffen, um folgende Steuergestaltung zu umgehen: Sofern jemand ein nicht renovierungsbedürftiges Haus kauft, kann er für die Anschaffungskosten nur die Gebäudeabschreibung geltend machen. Falls jemand jedoch ein renovierungsbedürftiges Haus zu einem geringeren Kaufpreis erwirbt und dieses dann in Stand setzt, wäre ohne die Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten nur der eigentliche Anschaffungspreis über die Gebäudeabschreibung zu berücksichtigen. Die erheblichen Kosten der Renovierung könnten hingegen als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen steuermindernd abgezogen werden. Da jedoch bei der renovierungsbedürftigen Immobilie der Anschaffungspreis wesentlich geringer sein dürfte, würde es schon aus rein steuerlicher Betrachtungsweise Sinn machen, renovierungsbedürftige Immobilien anzuschaffen. Um diese Diskrepanz zwischen den beiden Fällen zu verhindern, hat der Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung seinerzeit die anschaffungsnahen Herstellungskosten geschaffen. Sofern jedoch ein so genannter Standardsprung vorliegt, sind schon aus diesem Grund Herstellungskosten gegeben, weshalb man sich die Frage stellen muss, welche Sinnhaftigkeit es dann noch hätte, diese Aufwendungen mit in die 15%-Grenze einzubeziehen. Der einzige Sinn ist hier allenfalls im fiskalischen Interesse zu sehen.
Tipp:
Betroffene, bei denen das Finanzamt daher entsprechende Herstellungskosten mit in die 15%-Grenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten einberechnet, sollten Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das anhängige Musterverfahren die eigene Verfahrensruhe beantragen.