Steuerbüro Bachmann

Für Wahl-Schweizer: Überdachte Besteuerung rechtswidrig?

Was sich auf den ersten Blick zunächst wie ein Architektur-Thema anhört, ist jedoch ein Problem aus dem Steuerrecht. Konkret geht es dabei um die Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots durch die überdachte Besteuerung eines Steuerpflichtigen deutscher Staatsangehörigkeit, der in die Schweiz verzogen ist. Was sich kompliziert anhört, ist jedoch im quasi auseinander gezogenen Sachverhalt relativ simpel:

Im anhängigen Verfahren geht es um einen Geschäftsführer, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt hat. Dennoch ist er weiterhin für eine in Deutschland ansässige GmbH tätig und erhält auch von dieser eine Geschäftsführervergütung. Aufgrund des schweizerischen Wohnsitzes ist der Geschäftsführer nicht in Deutschland steuerpflichtig, weshalb die GmbH auf das Geschäftsführergehalt nur eine Quellensteuer von 4,5 Prozent einbehält und an das deutsche Finanzamt abführt. Den restlichen Arbeitslohn versteuert der Geschäftsführer ordnungsgemäß bei seinem schweizerischen Wohnsitzfinanzamt, wobei wahrscheinlich mit einer deutlich geringen Besteuerung als in der Bundesrepublik Deutschland zu rechnen ist.

Unter überdachter Besteuerung versteht man nun, dass der deutsche Fiskus ebenfalls einen Besteuerungszugriff auf alle Einkünfte aus deutschen Quellen, sprich hier der deutschen GmbH, erhält, sofern die Einkünfte im Jahr des Wegzugs eines deutschen Staatsangehörigen und in den folgenden fünf Kalenderjahr bezogen werden. Geregelt ist dies so im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik.

Mit Beschluss vom 19.12.2012 (Az: 3 K 2654/11) hat das Finanzgericht des Landes Baden-Württemberg diese Besteuerungsweise bzw. diese Vorgehensweise bei der Besteuerung als europarechtswidrig eingestuft. Mit vorgenanntem Beschluss wurde daher dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die so genannte überdachte Besteuerung eines deutschen Staatsangehörigen, wie sie in dem Doppelbesteuerungsabkommen geregelt ist, gegen das europäische Freizügigkeitsabkommen verstößt.

Exkurs: Häufig wird hier die Auffassung vertreten, dass die Regelungen zur Freizügigkeit nur im Rahmen der Europäischen Union gelten und die Schweiz daher außen vor ist. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall, und auch die Eidgenossen fallen unter die Freizügigkeit, weshalb das Verfahren durchaus Chancen hat.

 

Tipp: In ähnlich gelagerten Fällen sollten Betroffene daher Einspruch einlegen und bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Verfahrensruhe beantragen.