Steuerbüro Bachmann

Für (zukünftige) Vermieter: Neues Musterverfahren für Immobilienkäufer zum anschaffungsnahen Aufwand

Seit Urzeiten gibt es im deutschen Steuerrecht die so genannten anschaffungsnahen Herstellungskosten. Darunter werden Kosten zusammengefasst, die dem Grunde nach eigentlich sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen sind, jedoch wegen ihrer zeitlichen Nähe zum Erwerb der Immobilie und einer gewissen Zusammenballung als Herstellungskosten behandelt werden müssen.

Die Idee dahinter: Wenn jemand eine intakte Immobilie erwirbt, wird er mit diesem Objekt sehr wenig Erhaltungsaufwand haben. Dafür sind die Anschaffungskosten umso höher, welche jedoch steuermindernd nur über die Abschreibung geltend gemacht werden können. Wird aber eine Immobilie erworben, die einen erheblichen Renovierungsstau aufweist, wäre der Kaufpreis der Immobilie entsprechend geringer und die dann notwendig werdenden Erhaltungsmaßnahmen könnten sofort von der Steuer abgezogen werden. Um diese Ungleichbehandlung oder wahrscheinlich eher diesen sofortigen Steuerabzug zu verhindern, wurden die anschaffungsnahen Herstellungskosten zunächst als Rechtsinstitut über die Rechtsprechung entwickelt. Nachdem die Rechtsprechung die Grundsätze der anschaffungsnahen Herstellungskosten fallen gelassen hatte, hat der Gesetzgeber sie schlichtweg in § 6 Abs. 1 Nummer 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesetzlich normiert und damit zur weiteren Anwendung vorgesehen.

Seitdem gilt schon nach dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes: Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

In diesem Fall spricht man von anschaffungsnahen Herstellungskosten. Weiterhin hat der Gesetzgeber noch geregelt, dass Aufwendungen für Erweiterungen sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die üblicherweise jährlich anfallen, nicht in die 15 % Grenze einzurechnen sind. Trotz (oder gerade wegen) dieser einfach klingenden Gesetzesdefinition herrscht um diese Regelung dauerhafter Streit mit der Finanzverwaltung darüber, was konkret in die 15 % Grenze einzurechnen ist.

Während der Fiskus möglichst viel in den „15 % Eimer“ werfen möchte, damit möglichst schnell nur abschreibungsfähige Aufwendungen erreicht werden, ist dem Steuerpflichtigen daran gelegen, die 15 % Grenze nicht zu überschreiten, damit sofort abzugsfähige und demnach sofort steuermindernder Erhaltungsaufwand vorliegt. Der Streit ist damit programmiert.

Seit Jahren streitbefangen ist in diesem Zusammen insbesondere die Frage, wie Aufwendungen für die Beseitigung einer Funktionsuntüchtigkeit zu behandeln sind, wenn diese Aufwendungen schon an sich Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Immobilie sind.

Ganz im Interesse des Fiskus, den „15 % Eimer“ so schnell wie möglich zu füllen und überlaufen zu lassen, ist einem Erlass der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin (Az: III B – S 2211 – 2/2005 – 2) zu entnehmen, dass auch Aufwendungen für die Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit bei Prüfung der 15 % Grenze einzubeziehen sind. Damit würden Aufwendungen, die an sich schon nur über die Abschreibung berücksichtigt werden können, auch noch dazu führen, dass weitere Kosten schneller der sofortigen Abzugsfähigkeit entzogen werden. Eine durchaus fiskalisch begründete Sichtweise.

Dieser fiskalischen Auffassung ist leider auch das Finanzgericht Münster in einer Entscheidung vom 03.02.2015 unter dem Aktenzeichen 11 K 1886/12 gefolgt. Tatsächlich ist diese Auffassung jedoch nur schwerlich nachvollziehbar. Zum einen spricht schon das Gesetz ausdrücklich von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, sodass sämtliche Aufwendungen für Maßnahmen, die schon aus anderen Gründen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind, außen vor bleiben sollten. Zum anderen spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift der anschaffungsnahen Herstellungskosten gegen diese fiskalische Denkweise.

Erfreulicherweise regt sich jedoch auch ein erheblicher Widerstand gegen diese fiskalische Vorgehensweise, sodass aktuell der Bundesfinanzhof in München als oberstes Steuergericht der Republik unter dem Aktenzeichen IX R 15/15 klären muss, ob entsprechende Aufwendungen tatsächlich in die 15 % Grenze einzurechnen sind oder ob sie bei Prüfung dieser Prozentgrenze ausgeklammert werden können.

Tipp:
Sicherlich sollten Immobilienerwerber in einem ersten Schritt versuchen, überhaupt nicht in die Nähe der anschaffungsnahen Herstellungskosten zu gelangen. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass notwendige Erhaltungsmaßnahmen erst nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Immobilienerwerbs durchgeführt werden. Gelingt dies in der Praxis jedoch nicht und die 15 % Grenze wird nur deshalb überschritten, weil schon originäre Anschaffungs-bzw. Herstellungskosten mit eingerechnet werden, sollte unter Verweis auf das aktuell anhängige Verfahren Einspruch eingelegt werden. Über die Entscheidung der obersten Finanzrichter werden wir berichten