Steuerbüro Bachmann

Gehaltsumwandlung oder Zuschuss – Das ist hier die Frage!

Im deutschen Einkommensteuerrecht sind sowohl Steuerbefreiungen bei der Lohnsteuer als auch die Möglichkeit der Pauschalierung der Lohnsteuer davon abhängig, ob die entsprechende Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von dem sogenannten Zusätzlichkeitserfordernis.

Dazu nur einige Beispiele: So sieht § 3 Nummer 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, dass zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen steuerfrei sind. Ebenso sind nach § 3 Nummer 34 EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung (unter weiteren Voraussetzungen) steuerfrei, soweit sie 500 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Neben diesen hier nur beispielhaft erwähnten Steuerbefreiungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden müssen, besteht auch noch die Möglichkeit der Pauschalierung von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber. So kann der Chef beispielsweise die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er den Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt Datenverarbeitungsgeräte, wie zum Beispiel Computer, Tablets und Co., überlässt. Ebenso gilt diese Pauschalierungsmöglichkeit der Lohnsteuer auch für Zubehör bei entsprechenden Geräten sowie den Internetzugang. Auch zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen der Mitarbeiter für die Internetnutzung können pauschal besteuert werden.

Dem Zusätzlichkeitserfordernis kommt daher eine zentrale Bedeutung in der Besteuerung zu. Streitbefangenen ist in diesem Zusammenhang dennoch, was denn tatsächlich „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ bedeutet.

Konkret gilt es zu klären, wann denn das Zusätzlichkeitserfordernis tatsächlich erfüllt ist bzw. wann die entsprechenden Leistungen nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, sondern anstelle einer anderen Leistung im Rahmen des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns gezahlt werden.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz vertritt hier leider mit seinem Urteil vom 23.11.2016 unter dem Aktenzeichen 2 K 1180/16 eine negative und fiskalische Meinung. Danach gilt nämlich: Verzichtet der Arbeitnehmer auf Teile seines bisherigen Gehaltes und werden stattdessen Erholungsbeihilfen sowie Zuschüsse zu den Fahrtkosten und für Internetanschlüsse vereinbart, fehlt es am Zusätzlichkeitserfordernis, sodass die Pauschalierung (oder ggfs. in anderen Fällen auch die Lohnsteuerfreiheit) der auf diese Gehaltsbestandteile entfallenden Lohnsteuer nicht möglich ist.

Das Gericht geht also davon aus, dass man nichts zusätzlich erhält, wenn man zuvor auf etwas anderes verzichtet hat.

Ob nun bei einem entsprechenden Gehaltsverzicht mit einer zeitgleich vereinbarten Zusatzleistung das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erfüllt ist, prüft aktuell der Bundesfinanzhof in München. Im Rahmen der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz müssen die obersten Steuerrichter der Republik klären, auf welchen Zeitpunkt sich das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ bei einer Änderung des Arbeitsvertrages tatsächlich bezieht.

Sollte der Bundesfinanzhof nämlich hier zu dem Schluss gelangen, dass ein entsprechender Gehaltsverzicht im Vorfeld stattfindet, dann könnten zeitgleich vereinbarte freiwillige Zusatzleistungen, die dann eine juristische Sekunde später erfolgen, durchaus „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt sein. Anhängig ist die Streitfrage beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 21/17.

Dass das Zusätzlichkeitserfordernis in entsprechenden Sachverhalten tatsächlich erfüllt ist, ist in der Praxis nicht mal sonderlich abwegig, wie aktuell eine Entscheidung des erstinstanzlichen Finanzgerichts Münster vom 28.6.2017 unter dem Aktenzeichen 6 K 2446/15 L zeigt.

Vollkommen konträr zur Auffassung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz haben nämlich die Münsteraner Finanzrichter entschieden: Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen für Internetnutzung und zu Fahrtkosten des Arbeitnehmers werden auch dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt und können mit den gesetzlichen Pauschalsteuersätzen versteuert werden, wenn den Zuschusszahlungen Lohnherabsetzungen vorausgehen. Ebenso bleiben Zuschüsse zu Kinderbetreuungskosten unter diesen Voraussetzungen gemäß § 3 Nummer 33 EStG steuerfrei.

Die Münsteraner Richter führen dabei in ihrer Entscheidung erfreulich praxisnah aus, dass Zuschusszahlungen, denen Lohnherabsetzungen vorausgehen, nicht nach Gesamtplangrundsätzen als einheitliches Vorgehen zu beurteilen sind. Konkret meinen die Richter des Finanzgerichts Münster damit, dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn ein Steuerpflichtiger zunächst auf Teile seines Gehaltes verzichtet und dann im unmittelbaren Anschluss eine zusätzlich zum dann geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Leistung des Arbeitgebers erhält.

In betroffenen Fällen sollte man daher auf die positive Entscheidung aus Münster verweisen. Aus Gründen der Vorsicht sollte jedoch bei noch nicht realisierten Steuergestaltungen die höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs unter dem oben bereits zitierten Aktenzeichen VI R 21/17 abgewartet werden.