Bei der Berechnung der Gewerbesteuer ist von einem Steuermessbetrag auszugehen. Dieser wird durch Anwendung eines Prozentsatzes, der sogenannten Steuermesszahl, auf den Gewerbeertrag ermittelt. Der Gewerbeertrag wird im Weiteren auf volle 100 Euro nach unten abgerundet. Soweit ist die Prozedur zur Berechnung der Gewerbesteuer bei allen Steuerpflichtigen gleich. Dann kommt jedoch ein erheblicher Unterschied zwischen natürlichen Personen und Personengesellschaften auf der einen Seite und Kapitalgesellschaften, wie beispielsweise der GmbH, auf der anderen Seite.
Bei natürlichen Personen sowie bei Personengesellschaften kann nämlich dann auf den Gewerbeertrag noch ein Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro mindernd angerechnet werden. Kapitalgesellschaften steht insoweit kein Gewerbesteuerfreibetrag zur Verfügung.
Etwas anderes gilt lediglich, wenn eine Kapitalgesellschaft eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter aufnimmt. Insoweit stellt nämlich die atypisch stille Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft, sprich eine Personengesellschaft dar, für die der Gewerbesteuerfreibetrag in Anspruch genommen werden kann.
In einem Verfahren vor dem Finanzgericht Münster geht es nun um die Frage, ob der Gewerbesteuerfreibetrag dann für den gesamten Jahresgewinn berücksichtigt werden kann, weil die GmbH während des gesamten Jahres ja auch bereits schon Schuldnerin der Gewerbesteuer ist. Im Urteilssachverhalt wurde der atypisch stille Gesellschafter erst Mitte Dezember aufgenommen. Das Finanzamt verteilte den Gewinn des Streitjahres nun auf den Zeitraum vor Aufnahme des atypisch stillen Gesellschafters und nach Gründung der so entstandenen Mitunternehmerschaft auf. Den Gewerbesteuerfreibetrag gewährte es dann nur für den Zeitraum nach Aufnahme des atypisch stillen Gesellschafters. Da dieser erst Mitte Dezember aufgenommen wurde, betrug der Gewinn insoweit lediglich circa 1.000 Euro, weshalb der größte Teil des Gewerbesteuerfreibetrags nicht steuermindernd berücksichtigt werden konnte.
Die steuermindernde Berücksichtigung begehrte jedoch die GmbH mit der Begründung, dass sie nach wie vor Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer sei. Leider (bisher) vergebens. Mit Urteil vom 18.10.2018 ist nämlich das erstinstanzlich erkennende Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 4079/16 G dieser Auffassung nicht gefolgt. Die Begründung des Gerichtes: Ausweislich der Regelung in § 14 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist der Gewerbesteuermessbetrag nicht anknüpfend an die Schuldnerschaft der Steuer, also die persönliche Steuerpflicht, sondern nach der sachlichen Steuerpflicht festzusetzen.
Nach diesen Grundsätzen ist der Freibetrag zutreffend nur beim Gewerbeertrag für die sachliche Gewerbesteuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft als Objekt der Gewerbesteuer und nicht beim Gewerbeertrag der GmbH für die Zeit bis zur Gründung der atypisch stillen Gesellschaft als davon zu trennendem Objekt der Gewerbesteuer zu berücksichtigen.
Exkurs: | Weil jedoch ein ähnlicher Steuerstreit bisher nicht höchstrichterlich entschieden wurde, hat das erstinstanzliche Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dieser wird sich nun unter dem Aktenzeichen III R 68/18 mit der Frage beschäftigen müssen, ob in entsprechenden Fällen der Freibetrag zur Gewerbesteuer von 24.500 Euro nicht doch auch für Zeiträume vor der Aufnahme eines atypisch stillen Gesellschafters zu gewähren ist. |
Tipp: | Wie das Urteil des Bundesfinanzhofes ausgehen wird, ist noch vollkommen offen, weshalb sich das anhängige Revisionsverfahren sicherlich nicht als Basis für eine Steuergestaltung anbietet. Dennoch sollten Betroffene sich die Chance offen halten, von dem Musterverfahren zu profitieren. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn aus anderen Gründen im Laufe des Jahres eine natürliche Person als atypisch stiller Gesellschafter in der GmbH aufgenommen wurde. Sofern dann der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft nicht schon den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 Euro aufbraucht, sollten sich die Betroffenen auf das anhängige Musterverfahren beziehen und die Berücksichtigung des Freibetrags für den gesamten Jahresgewinn beantragen. Nur so besteht in aktuellen Fällen die Chance, dass im Falle einer positiven Entscheidung auch sicher davon profitiert werden kann. Für den entgegengesetzten Fall gilt hingegen: Entscheidet auch der Bundesfinanzhof auf Linie des erstinstanzlichen Finanzgerichts Münster, ist nichts verloren und alles bleibt beim Alten. |