Mit einem sogenannten Investitionsabzugsbetrag können bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes steuermindernd vorweggenommen werden. Man schafft sich quasi durch eine Vorwegnahme der Absetzung für Abnutzung (AfA) die Möglichkeit, Steuern zu sparen und so die Investition an sich besser finanzieren zu können. So zumindest der Grundgedanke der Regelung rund um den Investitionsabzugsbetrag.
Da gerade bei dieser gesetzlich erlaubten Gestaltung die Ziele von Finanzbeamten und Steuerpflichtigen aufeinanderprallen, ist der Abzugsbetrag relativ häufig in der Rechtsprechung vertreten. Im Folgenden wollen wir an dieser Stelle einige ausgewählte Urteile vorstellen, um so einen besseren Überblick zur Gesamtthematik zu liefern:
Fall 1: Prüfung der Gewinngrenze beim Investitionsabzugsbetrag
Ein Investitionsabzugsbetrag darf nur gebildet werden, wenn bei Betrieben, die ihren Gewinn mittels Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln, dieser ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags 100.000 Euro nicht übersteigt. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 15. April 2015 unter dem Aktenzeichen VIII R 29/13 klargestellt: Der Investitionsabzugsbetrag kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (also mittels Einnahme-Überschuss-Rechnung) ermittelt, am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags einen Gewinn von 100.000 Euro durch die gewinnwirksame Auflösung früherer Ansparabschreibungen (das ist die Vorgängerregelung zum Investitionsabzugsbetrag) überschreitet.
Fall 2: Wie weit geht das Unternehmen?
Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, wie zu verfahren ist, wenn ein bestehendes Unternehmen zusätzlich in eine Fotovoltaikanlage investiert und für diese Fotovoltaikanlage nun einen Abzugsbetrag geltend machen möchte. Dazu hat das Finanzgericht Nürnberg in einem sehr umstrittenen Urteil vom 1. Juli 2015 unter dem Aktenzeichen 5 K 842/14 entschieden, dass die Gewährung eines Abzugsbetrags für die Anschaffung einer Fotovoltaikanlage im Rahmen eines Gewerbebetriebes „Autohaus“ nicht in Betracht kommt, da die Erzeugung von Strom und der Verkauf und die Reparatur von Kraftfahrzeugen zwei ungleiche Betätigungen sind, denen der sachliche Zusammenhang fehlt, die unabhängig voneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen und die sich auch nicht ergänzen.
Das Urteil ist aus Sicht des Fiskus durchaus zu verstehen, da auf diese Weise die Verluste aus der Fotovoltaikanlage nicht mit den Gewinnen des Gewerbebetriebs des Autohauses verrechnet werden können.
Andererseits muss man allerdings auch nachfragen, vom wem denn eigentlich der Umfang des eigenen Unternehmens bestimmt wird. Bisher durfte immer noch der Unternehmer selbst entscheiden, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten (ob verwandt oder nicht verwandt bzw. ob gleichartig oder ungleich) er im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Insoweit ist gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg auch die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X B 130/15 anhängig.
Konkret muss der Bundesfinanzhof sich mit der Rechtsfrage beschäftigen, ob in den Betrieben eines Autohauses und einer Fotovoltaikanlage ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt oder ob dies auch bei ausdrücklichem Wunsch des Unternehmers nicht möglich ist.
Fall 3: Investitionsabzugsbetrag nach Betriebsprüfung zur Kompensierung
Besonders interessant ist die Gestaltung mittels Investitionsabzugsbetrag, wenn so Gewinne durch eine Betriebsprüfung vermindert werden können.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20. März 2016 unter dem Aktenzeichen IV R 9/14 entgegen dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 20. November 2013 klargestellt, dass die Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Steuerpflichtige die Begünstigung im Anschluss an eine Betriebsprüfung zur Kompensation der von dieser ermittelten Gewinnerhöhung geltend macht.
Ins gleiche Horn stößt ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. April 2016 unter dem Aktenzeichen I R 31/15, in dem die obersten Finanzrichter klarstellen, dass ein Finanzierungszusammenhang nicht schon deshalb zu verneinen ist, weil die nachträgliche Geltendmachung des Abzugsbetrags lediglich der Kompensation eines durch die Betriebsprüfung veranlassten Mehrergebnisses dient, ohne dass hiermit eine weitergehende Zielsetzung (wie beispielsweise der Erhalt einer privaten Steuervergünstigung) verknüpft wird.
Fall 4: Investitionsabzugsbetrag bei Unternehmensschenkungen
Ebenfalls hat der Bundesfinanzhof in diesem Jahr geklärt, dass die Gestaltung mittels Investitionsabzugsbetrag auch bei unentgeltlichen Übertragungen möglich ist. So hat der vierte Senat des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 10. März 2016 unter dem Aktenzeichen IV R 14/12 geurteilt, dass es der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nicht entgegensteht, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll.
Voraussetzung dafür ist lediglich, dass der Steuerpflichtige bei Fortführung des Betriebes die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investitionen nach Übergang des Betriebes fristgemäß von seinem Rechtsnachfolger zur Nutzung in dem übertragenen Betrieb vorgenommen werden würden.
Fall 5: Investitionsabzugsbetrag in der Personengesellschaft
Besonders interessant ist die Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg mit Urteil vom 11. März 2016 unter dem Aktenzeichen 9 K 2928/13 im Zusammenhang mit Personengesellschaften. Darin stellen die erstinstanzlichen Richter klar, dass eine begünstigte Investition im Sinne der Regelung des Investitionsabzugsbetrags auch dann gegeben ist, wenn bei einer Personengesellschaft der Investitionsabzugsbetrag vom Gewinn in der Gesamthandelsbilanz abgezogen wurde und die Investition im Sonderbetriebsvermögen eines der Gesellschafter erfolgte.
Für die Praxis bietet dies erhebliche Spielräume im Zusammenhang mit der Gestaltung von Investitionsabzugsbeträgen.
Fall 6: Begünstigter Gewinn beim Investitionsabzugsbetrag?
Zu guter Letzt eine nicht erfreuliche, aber im Kern richtige Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags infolge der Betriebsaufgabe.
Darin stellen die Richter in ihrer Entscheidung vom 27. April 2016 unter dem Aktenzeichen X R 16/15 klar, dass, wenn eine Betriebsaufgabe zur Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags führt, die im Jahr der ursprünglichen Vornahme des Investitionsabzugsbetrags eintretende Gewinnerhöhung Teil des laufenden Gewinns ist. Eine Berücksichtigung beim begünstigten Veräußerungsgewinn kommt indessen nicht in Betracht.