Immer dann, wenn Angehörige oder besonders nahestehende Personen steuerlich beachtliche Verträge miteinander abschließen, schaut das Finanzamt ganz genau hin. Regelmäßig geht nämlich der Fiskus davon aus, dass bei entsprechenden nahestehenden Personen auch ein gleichgerichtetes Interesse besteht, sodass die Verträge ausschließlich deshalb abgeschlossen werden, damit ein Steuervorteil erzielt werden kann.
Fraglich ist in der Praxis dabei sehr häufig, wann denn überhaupt eine nahestehende Person gegeben ist bzw. der Vertragspartner als ein fremder Dritter gilt. In diesem Zusammenhang hat bereits der Bundesfinanzhof in München mit einer Entscheidung vom 19.11.2015 unter dem Aktenzeichen VIII R 23/11 klargestellt, dass an keiner Stelle im Gesetz definiert ist, was unter einer „nahestehenden Person“ in diesem Zusammenhang tatsächlich zu verstehen ist.
Der Bundesfinanzhof definiert daher für sich die nahestehende Person wie folgt: Im Rahmen der Prüfung, ob ein Mietverhältnis (oder auch ein anderes Vertragsverhältnis) dem steuerlich bedeutsamen oder dem (steuerlich unbedeutsamen) privaten Bereich zuzuordnen ist, ist maßgeblich zu berücksichtigen, ob ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis angenommen werden kann. Mit anderen Worten: Der Bundesfinanzhof möchte darauf abstellen, ob im Einzelfall gleichgerichtete Interessen vorhanden sind, die insgesamt so stark sind, dass dadurch ein Näheverhältnis entsteht.
Tatsächlich ist diese Auslegung der nahestehenden Person sehr weit gehend. Umso erfreulicher ist daher, dass ganz aktuell das Niedersächsische Finanzgericht in einer Entscheidung vom 16.11.2016 unter dem Aktenzeichen 9 K 316/15 klargestellt hat, dass die Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von Verträgen mit nahestehenden Person, insbesondere der Fremdvergleich, nicht auf Arbeitsverhältnisse (oder eben auch sonstige Vertragsverhältnisse) zwischen fremden Dritten anzuwenden sind. Diese Aussage ist insoweit nichts Neues. Das Besondere an der Entscheidung des neunten Senats des Niedersächsischen Finanzgerichtes ist jedoch, dass die Richter auch dann keinen Fremdvergleich anwenden wollen, wenn die Vertragspartner früher einmal in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben.
Im Urteilsfall ging es dabei um einen Unternehmer, der seine ehemalige Lebenspartnerin im Rahmen eines Minijobs eingestellt hatte. Anstatt eines Barlohns erhielt die Minijobberin jedoch einen Sachbezug in Form der Überlassung eines Firmenfahrzeugs, welches sie auch privat nutzen konnte. In dieser Vereinbarung wollte der Fiskus eine nicht übliche Gestaltung erkennen, weshalb das gesamte Arbeitsverhältnis nicht anerkannt werden sollte.
Dem widersprach erfreulicherweise der neunte Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes in der oben bereits zitierten Entscheidung. Klar und deutlich führen die Richter aus: Um ein Vertragsverhältnis zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder zwischen freundschaftlich verbundenen fremden Dritten grundsätzlich steuerlich infrage zu stellen, müssen besondere und schwerwiegende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Leistungen tatsächlich nicht erbracht werden oder dass bewusst ein überhöhtes Entgelt gewährt wird.
Dem Bedürfnis, für bestimmte Vertragsverhältnisse strengere Maßstäbe für die steuerliche Anerkennung auch bei (nur) nahestehenden Person anzulegen, kann bei Anhaltspunkten für einen Gestaltungsmissbrauch oder ein Scheinvertragsverhältnis durch Anwendung der §§ 41 Abs. 2 und 42 der Abgabenordnung (AO) ausreichend Rechnung getragen werden.
Mit anderen Worten: Nach Meinung der niedersächsischen Richter ist ein Näheverhältnis allein kein Grund dafür, das Vertragsverhältnis zwischen diesen Personen einer besonderen Prüfung zu unterstellen. Vielmehr müssen noch weitere Kriterien und Anhaltspunkte vorliegen, damit es tatsächlich zur steuerlichen Nichtanerkennung des abgeschlossenen Vertrages kommen kann.
Neben der zuvor geschilderten Frage hinsichtlich der Anerkennung von Verträgen zwischen allenfalls nahestehenden Personen und deren Prüfung hatte die Entscheidung aus Niedersachsen jedoch auch noch eine zweite Seite. Bereits mit Beschluss vom 21.01.2014 hatte der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X B 181/13 klargestellt, dass die Überlassung eines Pkws im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses grundsätzlich anzuerkennen ist. Insoweit kann auch nichts anderes gelten, wenn der ehemaligen Lebensgefährtin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ein Fahrzeug überlassen wird.
Die Richter führten seinerzeit jedoch weiter aus, dass es Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass die konkreten Konditionen der Fahrzeugüberlassung im Einzelfall auch fremdüblich sind. Bereits im dortigen Urteilsfall ging es darum, dass der Ehefrau kein Barlohn, sondern lediglich der Sachbezug aus der Überlassung des Dienstwagens gewährt wurde. Der Bundesfinanzhof kam daher in diesem Einzelfall zum Schluss, dass insoweit kein anzuerkennendes Ehegatten-Arbeitsverhältnis vorlag.
Im Blickwinkel der aktuellen Entscheidung des neunten Senats des Niedersächsischen Finanzgerichtes ist dabei pikant: Seinerzeit kam der dritte Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes in der Vorinstanz zu dem gleichen Schluss. Der dritte Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes wollte also ein entsprechendes Arbeitsverhältnis nicht anerkennen, weil statt eines Barlohns nur einen Sachbezug gewährt wurde.
In der nun aktuellen Entscheidung des neunten Senats des Niedersächsischen Finanzgerichtes sieht die Sache im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis mit der ehemaligen Lebensgefährtin jedoch anders aus. Deutlich führen die Richter wie folgt aus: Die Überlassung eines Fahrzeugs der unteren Mittelklasse an eine (nahestehende) Minijobberin auch zur privaten Nutzung anstatt des zuvor vereinbarten Barlohns von 400 Euro ist dann nicht fremdunüblich, wenn der Pkw wegen einer signifikanten betrieblichen Nutzung (im Streitfall immerhin 35 % der gesamten Fahrleistung) Betriebsvermögen darstellt, die Arbeitnehmerin die einzige Büroangestellte ist und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung ebenfalls mit 400 Euro zu bewerten ist.
Mit anderen Worten: Aktuell stellt der neunte Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes klar, dass eine Umwandlung (und auch eine komplette Umwandlung!) in einen Sachbezug durchaus möglich ist, sofern alle weiteren Tatbestände darauf hindeuten, dass tatsächlich ein ordnungsgemäßes Arbeitsverhältnis gegeben ist. Dies macht der neunte Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes im aktuellen Fall an der tatsächlichen betrieblichen Nutzung des Fahrzeuges fest sowie an der Tatsache, dass ansonsten keine weiteren Büroangestellten vorhanden war.
Exkurs: | Wer sich an dieser Stelle wundert, dass zwei Senate eines Finanzgerichts gegenteilig entscheiden können, ohne sich dabei abzusprechen, dem sei erklärt, dass die einzelnen Senate eines erstinstanzlichen Finanzgerichtes verfahrensrechtlich als eigenständige Finanzgerichte anzusehen sind. Lediglich beim Bundesfinanzhof ist dies anders: Wenn dort zwei Senate gegenteilig entscheiden wollen, müssen diese sich entweder absprechen oder zur Klärung der Streitfrage den Großen Senat anrufen. |