Steuerbüro Bachmann

Kleinlichkeit bei der Steuerbefreiung für das Familienheim

Von der Erbschaftsteuer befreit ist grundsätzlich der Erwerb von Todes wegen an einer Immobilie im Inland oder innerhalb der Europäischen Union durch den überlebenden Ehegatten oder den überlebenden Lebenspartner, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Was der Gesetzgeber hier in etwas komplizierte Worte fasst, ist nichts anderes als die Steuerbefreiung zwischen Eheleuten für das gemeinsame Familienheim.

Tatsächlich zeigen sich aktuell jedoch sowohl Finanzverwaltung als auch Rechtsprechung sehr kleinlich mit der Auslegung dieser Steuerbefreiung. Im Urteilsfall hatte die verstorbene Ehefrau, also die Erblasserin, eine noch zu errichtende Eigentumswohnung als gedachtes Familienheim erworben. Daraufhin wurde zugunsten der Erblasserin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Nach Fertigstellung der Wohnung zogen die Eheleute mit ihren beiden gemeinsamen Kindern ein. Etwa ein halbes Jahr später verstarb die Ehefrau, und der Ehemann wurde im Wege des Vermächtnisses neuer Eigentümer des gemeinsamen Familienheims.

Grundsätzlich ist dies der typische Fall für eine Steuerbefreiung für das Familienheim. Im vorliegenden Fall lag jedoch die Besonderheit vor, dass zum Zeitpunkt des Todes immer noch die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war. Die verstorbene Ehefrau und Erblasserin hingegen war selbst noch nicht Grundbuch eingetragen. Aus diesem Grund wollte das Finanzamt die beantragte Steuerbefreiung nicht gewähren, weil hier nicht das Eigentum an dem Familienheim übergegangen ist, sondern tatsächlich lediglich ein mit dem Verkehrswert anzusetzender Eigentumsverschaffungsanspruch hinsichtlich der Immobilie. Grundbuchrechtlich ist dies schon ein enormer Unterschied.

Sicherlich muss man daher auch sagen, dass der Fiskus mit dieser zivilrechtlichen Einordnung der Dinge vollkommen Recht hat. Dennoch widerspricht es auch dem gesunden Menschenverstand und dem Sinn und Zweck der Vorschrift, einen solchen Fall nicht auch unter die Steuerbefreiung fallen zu lassen. Immerhin liegt es unter Umständen nicht in der Macht der Steuerpflichtigen, dass aus der Auflassungsvormerkung im Grundbuch die tatsächliche Eintragung als Eigentümer wird, und der Tod wird sich nicht um solche Kleinigkeiten kümmern.

Leider ließen sich jedoch weder die Richter der ersten Instanz noch die des Bundesfinanzhofs erweichen, sondern hielten an der Auffassung der Finanzverwaltung fest. Insoweit gilt: Soweit eine Steuerfreistellung den Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an der das Familienheim bildenden Immobilie voraussetzt, ist darunter das Eigentum im zivilrechtlichen Sinne zu verstehen. Die Steuerbefreiung ist also nicht anwendbar, wenn die Erblasserin eine von der Familie zu Wohnzwecken genutzte Immobilie durch Kaufvertrag erworben hat und vor ihrem Tod zwar noch notariell die Auflassung erklärt und eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist, die Eintragung der Erblasserin als Eigentümerin im Grundbuch jedoch nicht mehr zu ihren Lebzeiten erfolgt ist und somit die Erblasserin im Zeitpunkt des Erbfalls nur ein Anwartschaftsrecht auf das Volleigentum an der selbstgenutzten Immobilie hatte.

Folglich ist aufgrund der höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesfinanzhofs in München vom 29.11.2017 unter dem Aktenzeichen II R 14/16 der von Todes wegen erfolgte Erwerb eines durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Familienheim durch den überlebenden Ehegatten nicht von der Erbschaftsteuer befreit.