Wer den Unternehmens-Pkw auch privat nutzt, muss die private Nutzung des Fahrzeugs versteuern. Dies ist soweit bekannt. Einmal kann diese private Nutzungswertversteuerung anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs geschehen. Pauschal besteht jedoch auch die Möglichkeit, die so genannte Ein-Prozent-Regelung durchzuführen. Diese ist in § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt. Danach gilt: Die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
Häufig kommt es in diesem Zusammenhang jedoch vor, dass die Höhe der Ein-Prozent-Regelung die Gesamtkosten des Fahrzeugs in einem Veranlagungszeitraum überschreitet. Dies kann dann der Fall sein, wenn nur eine sehr geringe Fahrzeugnutzung vorliegt, weshalb der Ein-Prozent-Regelung auch nur sehr geringe laufende Kosten gegenüberstehen. Auch wenn der Unternehmer einen gebrauchten Pkw angeschafft hat, kommt es häufig zur Kostendeckelung. Der Grund: Weil gebrauchte Fahrzeuge regelmäßig deutlich unter dem Bruttolistenneuwagenpreis angeschafft werden, ist auch schon die Abschreibung (AfA) deutlich geringer. Somit sind auch die Gesamtkosten des Fahrzeugs deutlich geringer, obwohl sich die private Nutzungsentnahme mittels Ein-Prozent-Regelung immer noch am Neuwagenpreis des Vehikels orientiert.
In einem solchen Fall ist ein Steuerpflichtiger aktuell bis vor den Bundesfinanzhof in München gezogen. Dort muss nun geklärt werden, ob in Fällen, in denen der Steuerpflichtige einen Gebrauchtwagen nutzt, der typischerweise bei der Anschaffung schon deutlich unter dem Listenneuwagenpreis erworben wurde und bei dem somit eine stark reduzierte AfA und deutlich geringere Gesamtkosten anfallen, eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 EStG es erfordert, dass eine Beschränkung der Nutzungsentnahme auf die tatsächlich angefallenen Kosten im Veranlagungszeitraum schon gesetzlich geregelt werden muss, weil die Typisierung durch die Ein-Prozent-Regelung ansonsten zwingend zu falschen Ergebnissen führt.
Eine entsprechend positive Entscheidung des Bundesfinanzhofs wäre wünschenswert. Dennoch wird diese wahrscheinlich das Verfahren nicht beenden. Sofern nämlich auch der Bundesfinanzhof einen Verfassungsverstoß der Regelung in diesem Punkt sieht, wird er ein Normenkontrollverfahren einleiten und das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anrufen müssen. Sollten die obersten Finanzrichter der Republik dagegen der Meinung sein, die Regelung sei verfassungskonform, ist es wahrscheinlich, dass der Kläger mittels Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe zieht. So oder so werden sich also irgendwann auch die Richter in Karlsruhe mit der Frage beschäftigen müssen.
Warum das wahrscheinlich ist? Der Grund ist einfach: Tatsächlich hätte der Kläger nicht mal vor Gericht ziehen müssen. Ausweislich des BMF Schreibens vom 18.11.2009 (Az: IV C 6 – S 2177/07/1000) gilt nämlich nach Textziffer 18 eine Begrenzung des pauschalen Wertansatzes. Dort weist das Bundesfinanzministerium seine Finanzbeamten unmissverständlich wie folgt an: Der pauschale Nutzungswert nach § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 EStG (sowie die nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten) kann die für das gesamte Kraftfahrzeug insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen.
Das Bundesfinanzministerium hat das Problem also auch schon selber erkannt. Für diesen Fall gilt dann: „Wird das im Einzelfall nachgewiesen, so sind diese Beträge höchstens mit den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen. Bei mehreren privat genutzten Kraftfahrzeugen können die zusammengefassten pauschal ermittelten Wertansätze auf die nachgewiesenen tatsächlichen Gesamtaufwendungen dieser Kraftfahrzeuge begrenzt werden; eine fahrzeugbezogene „Kostendeckelung” ist zulässig.“
In der Praxis sieht es nun so aus, dass die Gerichte nicht an die Verwaltungsanweisung in diesem BMF-Schreiben gebunden sind. Insoweit kann der Bundesfinanzhof auch noch anders entscheiden.
Folglich ist es wahrscheinlich, dass der Kläger im vorliegenden Fall eine höchstrichterliche Klärung durch das Bundesverfassungsgericht anstrebt. Andernfalls wäre es sinnvoll, sich nicht in eine Gerichtsanhängigkeit bzw. Gerichtabhängigkeit zu begeben. Da insoweit die Finanzämter an ihre Verwaltungsanweisung im oben angegebenen BMF-Schreiben gebunden sind, muss der jeweilige Finanzbeamte (gegebenenfalls unter Einschaltung seines Vorgesetzten oder der Kontrollbehörde der Finanzämter in Form der örtlichen Oberfinanzdirektion) dazu gezwungen werden, die Regelungen des BMF-Schreibens umzusetzen.
Über den Fortgang des Verfahrens werden wir mit Sicherheit noch weiter berichten.